Fortschr Neurol Psychiatr 2014; 82(4): 185
DOI: 10.1055/s-0034-1366393
Editorial
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Schizophrenie: Prävention, Therapie und Rehabilitation – 18. Weißenauer Symposium

Schizophrenia: Prevention, Therapy and Rehabilitation – 18. Weißenauer Symposium
J. Klosterkötter
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Publication Date:
07 April 2014 (online)

Wer das vorliegende Heft der „Fortschritte“ in die Hand nimmt, wird darin einmal ausschließlich psychiatrische Beiträge finden, die bis auf die Fort- und Weiterbildungsarbeit zur psychopharmakologischen Behandlungsoption der Monoaminooxidase-Hemmer bei therapieresistenter Depression der nach wie vor „Schizophrenie“ genannten Krankheitsgruppe gewidmet sind. Schon in der letzten Ausgabe der Zeitschrift hatten die Herausgeber eine Übersichtsarbeit hervorgehoben, die sich auf schizophrene Psychosen bezog und sich mit der Bedeutung kognitiver Trainingserfolge für die Rehabilitation der Betroffenen beschäftigte [1]. Wie die nunmehr in diesem Themenheft zur „Schizophrenie“ versammelten Beiträge und noch einige ergänzende Arbeiten, die in einem weiteren Schwerpunktheft folgen werden, gehörte auch die Sichtung der heutigen Rehabilitationsmöglichkeiten schon zu den am stärksten beachteten und meistdiskutierten Präsentationen beim 18. Weißenauer Schizophrenie-Symposium im Dezember 2012. Alle diese Beiträge haben gegenüber den Vortragsfassungen eine qualitätssteigernde und aktualisierende Umgestaltung zu wissenschaftlichen Original- oder Übersichtsarbeiten erfahren und sollen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, den fortlaufenden Diskussionsprozess vor Augen führen, den diese traditionsreichste Veranstaltungsreihe der deutschen Psychiatrie seit mehr als 40 Jahren bietet und im Dezember dieses Jahres wieder in Verbindung mit der Verleihung des renommierten Kurt Schneider-Wissenschaftspreises fortsetzen wird.

Das 18. Symposium hat wie immer an die Ergebnisse der vorangegangenen Veranstaltungen angeknüpft und sich nach den zuletzt beim 17. Treffen vor allem behandelten Fragen der Diagnose- und Ursachenforschung [2] dem Thema „Schizophrenie: Prävention, Therapie und Rehabilitation“ zugewandt. Was bedeutet es heute in Deutschland, Europa und auch weltweit, schizophren erkrankt zu sein, was müssten wir nach den nationalen und internationalen Leitlinien oder auch nach den Ergebnissen der deutschen Kompetenznetz-Forschung und dem Programm der indizierten Prävention dagegen tun? Wie weit reichen heute die Möglichkeiten der Psycho- und Pharmakotherapie, wenn man sie störungsspezifisch anwendet, an den Bedürfnissen der Betroffenen orientiert und auch ergänzende Behandlungsoptionen zur Verbesserung der Hirnleistung nutzt? Wie können wir die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Fördermaßnahmen so gestalten, dass die Rückkehr in Familie und Beruf gelingt? Das waren die zentralen Fragen, mit denen sich das 18. Symposium erneut im Stil einer offenen Diskussion mit lebhaftem Wettstreit der Argumente beschäftigt hat.

Das vorliegende Themenheft versucht den Argumentationsgang des Symposiums dadurch nachzuzeichnen, dass es mit der Entwicklung von Leitlinien und neuen Konzepten für die Behandlung mit ihrer heutigen pathophysiologischen Evidenzbasierung beginnt. Hieraus ergeben sich Forderungen an die Versorgungsrealität, die noch lange nicht befriedigend umgesetzt sind. Wie sonst in keinem anderen Land wurde bei uns in Deutschland eine horizontale und vertikale Vernetzung aller wesentlichen Einrichtungen der Forschung und der Routineversorgung angestrebt, um hierauf aufbauend die Versorgung und die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Bezugspersonen zu verbessern. Die Ergebnisse dieses 12 Jahre lang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Kompetenznetzes „Schizophrenie“ sind imponierend und bilden heute in vieler Hinsicht die Grundlage und Richtschnur für die Weiterentwicklung von Prävention, Therapie und Rehabilitation. Ihre Darstellung mitsamt den sich hieraus ergebenden Perspektiven ist allen Interessierten bei der Lektüre dieses Themenhefts besonders zu empfehlen [3]. Die nachfolgenden Beiträge zum Training sozial-kognitiver Funktionen und zu immunologischen Behandlungsoptionen schildern beispielhaft mögliche Wirkungsverbesserungen der Schizophreniebehandlung heute durch störungsspezifische Psychotherapie und additive Maßnahmen zur Pharmakotherapie. Was wäre zu erreichen, würde das heute verfügbare Behandlungspotenzial wirklich auch voll umgesetzt, schon die volle biopsychosoziale Genesung oder vorerst nur eine mehr oder weniger weitgehende Remission? Mit der Beantwortung dieser Frage schließt dieses Heft und ich darf Sie, liebe Leserinnen und Leser, schon darauf aufmerksam machen, dass sein Thema mit weiteren Beiträgen zur nötigen Öffnung der Gesellschaft für die Rückkehr unserer Patienten in Kürze noch einmal wieder aufgenommen werden soll.

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Prof. Dr. med. J. Klosterkötter