Z Sex Forsch 2014; 27(2): 99-137
DOI: 10.1055/s-0034-1366591
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Prostitution in Deutschland:
Eckdaten und Veränderungen durch das Internet

Nicola Döring
a   Technische Universität Ilmenau, Institut für Medien und Kommunikationswissenschaft
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Publication Date:
17 June 2014 (online)

Übersicht

Größe, Beschaffenheit und wirtschaftliche Bedeutung des deutschen Bezahlsex-Marktes sind nicht genau bekannt. Auch über psychosoziale Merkmale und Lebenssituationen von weiblichen, männlichen und trans* Prostituierten und ihren Angehörigen, den im Prostitutionsmanagement Tätigen sowie der Kundschaft wissen wir wenig. Der Forschungsstand ist lückenhaft, öffentliche Diskussionen und massenmediale Repräsentationen der Prostitution sind stark von Stereotypen geprägt. Unbestritten ist jedoch, dass sich mit der Verbreitung des Internet national und international der Umgang mit Prostitution wandelt. In Deutschland hat sich die Prostitutionswerbung von Printanzeigen zu großen Teilen auf Internet-Plattformen verlagert. Dadurch kommt es zu einer Vergrößerung und Ausdifferenzierung des Marktes. Mit dem kommerziellen Camsex haben sich neue computervermittelte sexuelle Dienstleistungen etabliert, die teilweise mit Prostitution Hand in Hand gehen. Schließlich ist auch die Sexarbeiter_innen-Bewegung im Internet aktiv und nutzt die erweiterten Möglichkeiten der Unterstützung nach innen und Öffentlichkeitsarbeit nach außen. Der Beitrag beschreibt und analysiert Prostitution in Deutschland und deren aktuellen Veränderungen anhand vorliegender Studien sowie neuerer Daten zu prostitutionsbezogenen Internet-Angeboten. Chancen des Empowerment im Sinne einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitssituation von Prostituierten und einer gesellschaftlichen Entstigmatisierung freiwilliger Sexarbeit werden ebenso thematisiert wie Risiken erneuter Ausgrenzung und Re-Kriminalisierung.