Zusammenfassung
Einleitung:
Es ist häufig gezeigt worden, dass der sozio-ökonomische Status eng mit dem Gesundheitszustand
zusammenhängt. Die weiterführende Frage, ob sich das Ausmaß dieser ‚gesundheitlichen
Ungleichheit‘ mit der Zeit vergrößert hat, ist von großer gesundheitspolitischer Relevanz.
Bisher wird darüber in Deutschland jedoch kaum diskutiert – es fehlt auch eine Überblicksarbeit
zu den vorhandenen empirischen Arbeiten.
Methoden:
Die hier vorgestellten Ergebnisse einer systematischen Literaturrecherche beziehen
sich auf 4 Themenbereiche: Zeitliche Veränderungen im Ausmaß der gesundheitlichen
Ungleichheit bei Mortalität/Lebenserwartung, selbst-eingeschätztem Gesundheitszustand
(Self-Rated Health), Rauchen, Adipositas. Eingeschlossen wurden alle Arbeiten aus
Deutschland und Publikationen aus dem europäischen Ausland aus dem Zeitraum 2008 bis
2012. In einem mehrstufigen Verfahren wurden anhand vorher festgelegter Kriterien
44 Studien (davon 5 aus Deutschland) für die detailliertere Darstellung der Ergebnisse
und Methoden ausgewählt.
Ergebnisse:
Die stark anwachsende Zahl der Publikationen zeigt deutlich, wie sehr das Interesse
an zeitlichen Trends im Ausmaß dieser gesundheitlichen Ungleichheit in den letzten
Jahren zugenommen hat. Die empirischen Ergebnisse der 44 Studien lassen sich wie folgt
zusammenfassen: Insgesamt werden 184 einzelne Ergebnisse zu zeitlichen Veränderungen
im Ausmaß der gesundheitlichen Ungleichheit berichtet – davon weisen 112 auf eine
Zunahme und nur 13 auf eine Verringerung der gesundheitlichen Ungleichheit hin. Auch
die aus Deutschland vorliegenden Studien zeigen in die gleiche Richtung. Deutlich
wird auch eine große methodische Heterogenität: In einigen Studien werden Unterschiede
nach individuellem Status untersucht (z. B. Schulbildung), in anderen nach regionaler
Deprivation. Zum Teil fehlt eine explizite Berechnung der zeitlichen Veränderung im
Ausmaß der gesundheitlichen Ungleichheit, manchmal wird nur die absolute oder nur
die relative gesundheitliche Ungleichheit analysiert.
Schlussfolgerungen:
Die in Deutschland verfügbaren Datensätze sollten mehr als bisher für Analysen zu
zeitlichen Veränderungen im Ausmaß der gesundheitlichen Ungleichheit verwendet werden.
Die Studien sollten dabei nach Möglichkeit individuelle und regionale Ungleichheiten
einbeziehen, absolute und relative gesundheitliche Ungleichheiten analysieren (getrennt
für Männer und Frauen, mit Signifikanztests für die zeitlichen Veränderungen), möglichst
viele Zeitpunkte betrachten und die Zusammenhänge mit gesellschaftlichen Veränderungen
untersuchen.
Abstract
Objectives:
It has been shown that socio-economic status (SES) and health are closely linked to
one another. Now we focus on further questions, and one of the most important ones
is whether these “health inequalities” increase with time. In Germany, there is little
discussion about this question and no review summarising the empirical evidence is
available.
Methods:
This review focuses on 4 dimensions: time trends of health inequalities concerning
mortality (or, respectively, life expectancy), self-rated health, smoking and obesity.
First we included all empirical analyses from Germany, and all analyses from other
European countries published between 2008 and 2012. Then, stepwise, 44 studies (including
5 from Germany) were selected by predefined criteria for a detailed description of
empirical results and methods.
Results:
The number of publications has strongly increased in recent years, illustrating the
growing interest in time trends of health inequalities. The empirical results of the
44 studies could be summarised in the following way: All in all, 184 empirical results
are reported about time trends in health inequalities and 112 of them show increasing
inequalities; decreasing inequalities are shown in 13 reports. The studies from Germany
point in the same direction (i. e., most results indicate increasing health inequalities).
It is also important to stress that there is great heterogeneity concerning the methodical
approaches. Some studies analyse health inequalities by individual socio-economic
status (e. g., educational level), others by regional deprivation. Sometimes changes
in the extent of health inequalities over time are not calculated explicitly. Some
papers do not include absolute and relative measures of inequalities, but just one
of them.
Conclusions:
In Germany, there is a need for more empirical studies looking at time trends of health
inequalities; the available datasets should be used more often for this type of analysis.
If possible, further studies should include individual SES and regional deprivation,
measures of absolute and relative inequality (stratified by sex, with significance
tests for time trend), and they should cover as many points in time as possible. Also,
it would be important to relate the changes in health inequalities to the other changes
in the society.
Schlüsselwörter
gesundheitliche Ungleichheit - zeitliche Trends - Review
Key words
health inequalities - time trends - review