Rofo 2014; 186 - VO315_4
DOI: 10.1055/s-0034-1372919

Hypoplastische Arteria vertebralis: Häufigkeit und Einfluss auf Charakteristika des cerebellären Blutflusses

K Thierfelder 1, AB Baumann 1, L von Baumgarten 2, M Armbruster 1, H Janssen 3, MF Reiser 1, WH Sommer 1
  • 1Ludwig-Maximilians-Universität München, Institut für Klinische Radiologie, München
  • 2Ludwig-Maximilians-Universität München, Neurologische Klinik und Poliklinik, München
  • 3Ludwig-Maximilians-Universität München, Abteilung für Neuroradiologie, München

Zielsetzung:

Eine hypoplastische Arteria vertebralis (HAV) gilt als Risikofaktor für eine Ischämie der hinteren Strombahn. Ziel der Studie war die Überprüfung der Hypothese, dass das alleinige Vorliegen einer HAV bereits zu einer Beeinträchtigung des cerebellären Blutflusses führen kann.

Material und Methodik:

934 Patienten mit Verdacht auf akuten Schlaganfall wurden einer multimodalen CT einschließlich einer CT-Angiografie (CTA) und einer CT-Ganzhirnperfusion unterzogen. In der CTA aller Patienten wurde der Durchmesser beider Vertebralarterien (VA) in den Segmenten V1-V4 gemessen. Eine HAV war definiert als VA mit einem V4-Durchmesser von = 2 mm und einem Verhältnis des Durchmessers zur Gegenseite von = 1:1,7 in V1 bis V4. Patienten mit einer HAV und ohne Infarkt der hinteren Strombahn gingen zusammen mit Kontrollpatienten mit normalen Vertebralarterien und ebenfalls ohne Infarkt der hinteren Strombahn in ein Kollektiv zum CT-Perfusionsreading ein (Infarktausschluss jeweils mittels Follow-up-MRT). In diesem Kollektiv wurden vier verschiedene Perfusionskarten durch zwei erfahrene Reader im Hinblick auf das Vorhandensein eines Perfusionsdefizites im Cerebellum evaluiert.

Ergebnisse:

Bei 146 der 934 Patienten (15,6%) wurde eine HAV festgestellt. Von diesen 146 gingen 59 in das CT-Perfusionsreading ein, 118 Kontrollpatienten wurden ergänzt. In Abhängigkeit von der Parameterkarte zeigten bis zu 25 von 59 (42,4%) der Patienten mit einer HAV, jedoch nur 9 von 118 (7,6%) der Kontrollpatienten ein Perfusionsdefizit im Cerebellum. Am sensitivsten war die Parameterkarte Time to Drain mit 42,4% (25/59), gefolgt von der Mean Transit Time mit 39,0% (23/59) und dem Cerebral Blood Flow mit 25,4% (15/59). Der Parameter Cerebral Blood Volume war bei keinem der Patienten vermindert.

Schlussfolgerungen:

Die HAV ist eine häufige Gefäßanomalie der hinteren Strombahn, die in der CT-Ganzhirnperfusion nicht selten zu einem Perfusiondefizit im Cerebellum führt. Dies darf nicht mit einem Infarkt der hinteren Strombahn verwechselt werden.

E-Mail: kolja.thierfelder@med.uni-muenchen.de