Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PA1
DOI: 10.1055/s-0034-1374226

Gezielte Sing-Angebote für palliative Patienten zur Schmerz-Reduzierung, Atmungsvertiefung und Gefühlsregulation

N Hermanns 1
  • 1Uniklinik Köln, Psychoonkologie, Palliativzentrum, Köln, Deutschland

Gezielte Sing-Angebote für palliative Patienten können über die Vergegenwärtigung von Ressourcen wie Natur-, Spiritualitäts- und Gemeinschaftserfahrungen deren aktuellen Bedürfnisse aufgreifen und ihrer Verfassung gemäß zum Ausdruck bringen. Die vorherige, mit imaginativen Verfahren begleitete Vertiefung des Atems fördert in behutsamer Weise die Gefühlswahrnehmung.

Zu Beginn werden aktueller Zustand, Ressourcen, sowie musikalische Vorerfahrungen und Vorlieben des Patienten exploriert. Der Therapeut lädt ihn zu einer Atmungsvertiefung ein, in der z.B. ein „Ort der Ruhe“ mit allen Sinnen vergegenwärtigt wird, und so eine Erinnerung des Wohlbefindens den allgemeinen Zustand positiv beeinflusst. Der Patient kann nun seinen Atem als sanften, kühlenden oder wärmenden ... Wind durch diesen Ort „wehen lassen“ und „eins“ mit ihm werden. Er lernt über diese ausdrucksgeleitete Lippenbremse seinen Zustand zu regulieren und kann anschließend leichter seinen Atem singend zum Klingen bringen, sich so selbstwirksam in Verbundenheit mit dem Therapeuten und möglicherweise anwesenden Bezugspersonen erfahren.

Der Therapeut nimmt singend den Atem-Rhythmus des Patienten auf, lädt anwesende Angehörige und Freunde des Patienten ein mitzusingen und sensibilisiert sie dabei für eine angemessene nonverbale Kommunikation (adäquate Dynamik und Tempo von Stimme und Bewegung, taktiler Stimulation ...).

Wenn der Patient zu schwach ist, um „äußerlich“ zu singen, ermöglicht das Einschwingen auf seinen Atemrhythmus sein „inneres Mitsingen“.

Über die musikalischen Parameter (Dynamik, Rhythmus, ...) und Inhalt der Lieder kann der Therapeut die Gefühlsintensität regulieren und bei Bedarf stabilisierende Struktur bieten.

Wichtige Themen sind hierbei u.a. Verbundenheit, Spiritualität, Dankbarkeit, Ängste, Lebensfreude. Sehr förderlich ist es, ein breites Spektrum von Liedern aus verschiedenen Kulturen anzubieten – von Volksliedern, Schlagern bis hin zu Folk, Jazz, Rock und Pop.