Zeitschrift für Palliativmedizin 2014; 15 - PB111
DOI: 10.1055/s-0034-1374318

Einflussfaktoren auf klinisch-ethische Entscheidungen – Werthaltungen von Medizinern zum Therapieverzicht bei nicht-einwilligungsfähigen Patienten

C Dunger 1, 2, C Schulz 3, 4, MW Schnell 1, 2
  • 1Lehrstuhl für Sozialphilosophie und Ethik, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • 2Institut für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen, Universität Witten/Herdecke, Witten, Deutschland
  • 3Interdisziplinäres Zentrum für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland
  • 4Dana-Farber Cancer Institute, Department of Psychosocial Oncology & Palliative Care, Harvard Medical School, Boston, Vereinigte Staaten von Amerika

Fragestellung: Klinische Entscheidungsfindung ist Teil professionellen Alltags von Medizinern. Therapieabbrüche, wie -zielverschiebungen bei nichteinwilligungsfähigen Patienten sind häufig auftretenden Entscheidungen, die jedoch auch eine starke ethische Komponente haben. Besonders palliative Einrichtungen und Intensivstationen behandeln Menschen, die kritische Lebensereignisse durchleben. Gleichzeitig unterscheiden sich die Rahmenbedingungen dieser Settings.

Methodik: In der Studie „Werthaltung von intensiv- und Palliativmedizinern zu Therapieentscheidungen bei nichteinwilligungsfähigen Patienten“, wurden deutschlandweit Mediziner mittels Online-Umfrage (N = 225) und qualitativen Interviews zu Ihrer Haltung zu entsprechenden Entscheidungssituationen befragt. Der Fragebogen bestand aus einem Faktoriellen Survey (FS), eine Art Meinungsumfrage mittels der Bewertung von Fallgeschichten, und einigen persönlichen Angaben. Die Daten wurden mithilfe von SPSS unter Einbeziehung multipler Regressionen und Mehrebenenmodellen ausgewertet.

Ergebnisse: Die Ergebnisse geben sowohl Auskunft über die Anwendung des FS-Designs in der Haltungsforschung mit Medizinern, als auch über konkrete Einflussfaktoren auf die klinisch-ethische Entscheidung, wie die zugrundeliegenden Haltungstypen der Teilnehmer. Dabei sind bei wenig konflikthaften Situationen, klare Entscheidungspräferenzen aller Teilnehmer zu erkennen. Besonders relevant erscheinen jene Fallbeispiele, in denen uneindeutige Situationen beschrieben werden. Hier sind konträre Entscheidungsmuster zu erkennen, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Haltung des Teilnehmers, nicht aber zwangsläufig mit der rechtlichen Situation, zu sehen sind.

Schlussfolgerung: Die vorliegende Studie stellt ein interessantes neues Design zur Diskussion und präsentiert gleichzeitig Ergebnisse, die in die Diskussion um die Gültigkeit und Anwendung von Patientenverfügungen, bzw. dem neuen Betreuungsrecht, im klinischen Alltag eingehen werden.