Einleitung/Hintergrund: Im Rahmen der Studie lidA – leben in der Arbeit (gefördert vom Bundesministerium
für Bildung und Forschung, Förderkennzeichen: 01ER0826) wird die Handgreifkraft über
selbstberichtete Angaben hinaus als ergänzende objektive Größe zur Beschreibung der
gesundheitsbezogenen Merkmale der Studienpopulation erfasst. Mit dem Greifkrafttest
findet so ein international etablierter Funktionstest Berücksichtigung, der bereits
in der Framingham Heart Study [1] sowie jüngeren epidemiologischen Studien wie dem
Survey of Health, Ageing and Retirement in Europe und dem Sozio-oekonomischen Panel
[2] ergänzend zur Bestimmung von funktionalem Status und Gesundheit eingesetzt wurde.
Mit der vorliegenden Untersuchung wird die Handgreifkraft als möglicher Indikator
für Gesundheit und Arbeitsfähigkeit sowie hinsichtlich ihres prognostischen Wertes
für die Vorhersage gesundheits- und arbeitsfähigkeitsbezogener Outcomes analysiert.
Daten/Methodik: In einer ersten Erhebung der lidA-Studie im Jahr 2011 konnten 6.585 computergestützte
Interviews mit sozialversicherungspflichtig beschäftigten Personen der Geburtsjahrgänge
1959 und 1965 realisiert werden, in denen sowohl Aspekte der Erwerbstätigkeit und
Arbeitsexposition als auch Merkmale der Gesundheit und Angaben zum soziodemografischen
Hintergrund der Teilnehmenden erfragt wurden [3]. Zusätzlich wurde die maximale isometrische
Handgreifkraft mit Hilfe eines Dynamometers in einer Reihe von vier Messungen bestimmt,
aus denen anschließend der jeweils maximale Greifkraftwert für die Analysen ausgewählt
wurde [4]. Die vorliegende Untersuchung bezieht sich auf die Werte jener Personen,
die zum Zeitpunkt der Befragung erwerbstätig waren und der Durchführung des Greifkrafttestes
zugestimmt hatten. Nach zusätzlichem Ausschluss auffällig niedrig ausgeprägter Messwerte
von unter 30 kg bei Männern und unter 20 kg bei Frauen verbleiben für die Analysen
6.066 Personen. Da die Greifkraftwerte nicht normalverteilt vorliegen, werden sie
mit Hilfe nichtparametrischer Verfahren analysiert und dabei auf Unterschiede der
Greifkraftmediane zwischen den Kategorien verschiedener gesundheits- und arbeitsfähigkeitsbezogener
Variablen untersucht.
Ergebnisse: In den deskriptiven Greifkraftanalysen zeigen sich statistisch signifikante Medianunterschiede
(p ≤ 0,05) zwischen der Handgreifkraft von männlichen und weiblichen Befragten sowie
von Personen der jüngeren und älteren Kohorte. Zwischen den Kategorien des gegenwärtigen
Gesundheitszustandes, der physischen und psychischen Arbeitsfähigkeit sowie des Vorliegens
von Gelenk- und Wirbelsäulen- sowie psychischen Erkrankungen können für die eingeschlossenen
Fälle statisch signifikante Greifkraftunterschiede beobachtet werden. Weitere Unterschiede
von Greifkraftmedianen finden sich zwischen den Kategorien der Anzahl von Schmerzlokalisationen,
körperlichen und psychischen Behinderungen sowie gesundheitlichen Beeinträchtigungen
beim Treppensteigen und anstrengenden Alltagsaktivitäten. Tendenziell lassen sich
die größeren Greifkraftausprägungen dabei in den Kategorien der besseren Gesundheit
und Arbeitsfähigkeit beobachten, wenngleich der Einfluss der getesteten Variablen
auf die Ausprägung der Handgreifkraft im Vergleich zum Geschlechtseffekt eher gering
erscheint.
Diskussion/Schlussfolgerung: Im Rahmen der vorliegenden querschnittlichen Untersuchung können einige geringe,
aber statistisch signifikante Greifkraftunterschiede in einer Größenordnung von± 0,0
bis 4,0 kg zwischen den Kategorien verschiedener gesundheits- und arbeitsfähigkeitsbezogener
Variablen beobachtet werden. Da deren Bedeutung mit den vorliegenden Daten nicht hinreichend
zu klären und die Analyse der Handgreifkraft vor allem im individuellen zeitlichen
Verlauf von Bedeutung ist [5], werden die querschnittlichen Ergebnisse im Jahr 2014
um erste Längsschnittuntersuchungen erweitert, welche die Analyse einer als Veränderungsmaß
verstandenen Handgreifkraft ermöglichen. Neben der Untersuchung verschiedener gesundheits-
und arbeitsfähigkeitsrelevanter Endpunkte wie Krankheit, Arbeitslosigkeit und Frühberentung
ist dabei auch eine Validierung des prognostischen Wertes der Handgreifkraft unter
Berücksichtigung verschiedener Charakteristika von Arbeit und Gesundheit vorgesehen.