Geburtshilfe Frauenheilkd 2014; 74 - PO_Geb12_16
DOI: 10.1055/s-0034-1388241

Case Report: Betreuung von Schwangerschaft, Geburt und Neonatalperiode bei maternaler Einnahme von Phenoprocoumon

H Höhn 1, K Friese 1, U Hasbargen 1, C Deppe 1, M Delius 1
  • 1LMU München/Frauenklinik Großhadern, München, Germany

Es gibt auch in der Schwangeschaft Indikationen zur Dauertherapie mit Phenoprocoumon. Es ist bekannt, dass eine Exposition gegenüber Vitamin K-Antagonisten in der Schwangerschaft teratogen wirken können. Die Ausprägung korreliert mit der in der Schwangerschaft eingenommenen Dosis und dem Zeitpunkt der Einnahme. Coumarinderivate erhöhen das Risiko für mentale Retardierung, Optikusatrophie, Lippen-Kiefer-Gaumenspalte, außerdem das Risiko einer Fehlgeburt, Frühgeburt und Wachstumsretardierung.

Unsere Patientin besaß eine mechanische Aortenklappe. Die Dosis in der Schwangerschaft betrug 5 – 7 Tbl./Woche, dies entspricht knapp 3 g/Tag.

In 20+3 SSW fiel erstmals ein flaches Gesichtsprofil auf. Das Nasenbein war dabei annähernd normal, mit steilem nasolabialen und normal spitzem Winkel der Maxilla. Im Verlauf zeigte sich ein normales Intervallwachstum mit keinen weiteren Besonderheiten außer dem flachen Profil.

Die Patientin wurde in 38+4 SSW per primärer Sectio entbunden, die Tochter adaptierte sich gut postnatal:

APGAR 9/10/10, NA-pH 7,29, BE -2,1. Gewicht: 2920 g (20. P.), Länge: 47 cm, KU 35 cm.

Sie zeigte die typische Mittelgesichtshypoplasie mit flachem Profil (maxillonasale Dysplasie, „Binder-Phänotyp“), aber keine sonstigen Auffälligkeiten in Aussehen oder Verhalten.

Pathophysiologie der Mittelgesichtshypoplasie: Es wird angenommen, dass sich auf Grund der Störung von Vitamin K-abhängigen Proteinen im Knochenstoffwechsel ektope Kalzifikatioen bilden, die im Knorpel des Nasenseptums das Längenwachstum hemmen.

Schlussfolgerung: In der von uns betreuten Schwangerschaft mit 3 g Phenoprocoumon/Tag kam es zu keiner bisher ersichtlichen Auffälligkeit beim Kind außer der Mittelgesichtshypoplasie.

Es wurde beschrieben, dass eine Reduktion des Risikos für teratogene Effekte von Coumarinderivaten erreicht werden kann, wenn diese vor der 8. SSW abgesetzt werden können oder eine Dosierung von maximal 3 mg/Tag eingehalten werden kann.