Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2014; 24 - A10
DOI: 10.1055/s-0034-1389658

Diagnostik des Karpaltunnelsyndroms: Sonografie versus Elektroneurografie

S Pfalzer 1, A Wenisch 1
  • 1PMR, Neunkirchen

Fragestellung:

Zum Thema der Wertigkeit der Sonografie zur Diagnosestellung des Karpaltunnelsyndroms (KTS) im Vergleich mit der Elektroneurografie (ENG) gibt es bereits zahlreichen Studien und auch Metaanalysen. Ziel dieser Beobachtungsstudie war es die Rolle der Sonografie unter Routinebedingungen einer Spitalsambulanz zu untersuchen. Sind die im Alltag gewonnenen sonografischen Daten relevant? Können diese Daten mit denen aus der Literatur verglichen werden? Als schnell verfügbares, leicht erlernbares und billiges Diagnostikum bietet die Sonografie möglicherweise Vorteile gegenüber der ENG. Zur Klärung dieser Frage wurde der statistische Zusammenhang zwischen sonografischen und elektroneurografischen Parameter untersucht.

Grundlagen:

Die Diagnostik des KTS ist mittels ENG unbestritten. Mit der Entwicklung von hochauflösenden Schallköpfen hat die Sonografie zunehmende Bedeutung im Bereich der Diagnostik von peripheren Nervenkompressionssyndromen insbesondere des KTS gewonnen. Als diagnostischer Parameter dient die Querschnittsfläche (QF) des N. Medianus (N. Med.). Wobei verschiedenste Autoren verschiedene Cut-off Levels angeben (0,09 cm2 – 0,15 cm2). Als weitere Diagnosekriterien werden die Dicke des Karpalbandes und Kalibersprünge des N. Med. angeführt. Eine pathologische Vaskularisation, die bei axonalen Degenerationen auftreten kann, wird mittels farbkodierter Doppler-Sonografie erfasst.

Methodik:

Unter Routinebedingungen wurden 115 N. Med. von 67 Patienten mit der Verdachtsdiagnose KTS untersucht. Ausschlusskriterien waren die Diagnosen: posttraumatisches KTS, Rezidiv – KTS nach bereits erfolgter Operation, Verdacht auf Polyneuropathie sowie ein doppelt angelegter N. Med. in der Höhe des Karpaltunnels. An elektroneurografischen Parameter wurden die distale motorische Latenz (dmL), das motorische Summenaktionspotential (MSAP) und die sensible antidrome Nervenleitgeschwindigkeit (sNLG) erhoben. Sonografisch wurde die Querschnittsfläche (QF) des N. Med. auf der Höhe des Os Pisiforme ermittelt. Der statistische Zusammenhang zwischen den sonografischen und elektroneurografischen Parameter wurde untersucht. Erhoben wurde der Korrelationskoeffizient nach Pearson – Bestimmtheitsmaß (r2) – zwischen den sonografischen Parametern und der QF des N.med.

Ergebnisse:

Der Altersdurchschnitt (AD) des Gesamtkollektivs (n = 67) betrug 59,0 Jahre (Standardabweichung [SD] = ± 15,7 Jahre), davon waren 22 Männer (AD = 60,2 Jahre, SD = ± 13,0) und 34 Frauen (AD = 58,6 Jahre, SD = ± 17,1). 115 N. Med. wurden untersucht. Der Mittelwert der dmL lag bei 5,16 ms (SD = ± 1,94 ms) und der der sNLG bei 37,06 m/s (SD ± 12,9 m/s). Die durchschnittliche QF betrug 0,14 cm2 (SD ±0,04 cm2). Als Hauptergebnis ergab die Korrelation über alle Gruppen hinweg zwischen QF und dmL ein r2 von 0,35, und zwischen QF und sNLG ein r2 von 0,34. Damit liegen die Ergebnisse in dem Bereich der Ergebnisse der bisher durchgeführten Studien.

Zusammenfassung:

Es zeigte sich ein Zusammenhang zwischen den diagnostischen Parametern der ENG und der QF des N. Med. Die erhobenen Korrelationskoeffizienten stimmen mit denen aus der Literatur überein und bestätigen somit die Qualität der im Routinealltag erhobenen Daten. Die Ergebnisse zeigen, dass die sonografische Bestimmung der QF des N. Med. als Diagnostikum im Routinealltag verwendet werden kann. Hinweise auf das Vorhandensein eine KTS können jedenfalls mittels Messung QF des N.med gewonnen werden. In Übereinstimmung mit den Daten aus der Literatur sind zusätzlich verwertbare Informationen bei Vorliegen einer ENG und unauffälligen anatomischen Verhältnissen nicht zu erwarten. Der Vorteil der Sonografie gegenüber der ENG scheint aber weniger in der Diagnosestellung eines KTS selbst zu liegen, sondern naturgemäß vielmehr in der bildlichen Darstellung von unklaren pathologischen Prozessen im Bereich des Karpalkanals.