Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2014; 24 - A18
DOI: 10.1055/s-0034-1389666

Erfolgreiche physikalisch-medizinische Rehabilitation bei Pansklerotischer Morphea – eine Kasuistik

M Mickel 1, R Crevenna 1
  • 1Universitätsklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation, Medizinische Universität Wien, Wien

Fragestellung:

Die Pansklerotische Morphea (PM) ist eine seltene Bindegewebserkrankung mit heterogenen Ausprägungen, welche zu massiven körperlichen und psychischen Funktionseinschränkungen und Limitationen im Alltag führen können. Eine Therapie der PM ist derzeit nur rein symptomatisch möglich. Oftmals führen die sklerotischen Hautveränderungen der PM zu Gelenkskontrakturen und zu Mobilitätseinschränkungen. Zwar liegen allgemeine Empfehlungen zur Durchführung bewegungsfördernder Maßnahmen in der Rehabilitation von Patienten bei den unterschiedlichen Subformen der Sklerodermie vor, jedoch existieren hierzu bis dato keine wissenschaftlichen Daten. Die vorliegende Kasuistik präsentiert einen erfolgreichen Therapieverlauf bei PM.

Methodik:

Ein 50-jähriger PM-Patient wurde rund zwei Jahre nach Auftreten erster Symptome und Einleitung einer systemisch-medikamentösen Therapie bzw. Phototherapie aufgrund zunehmender Bewegungseinschränkungen an der Universitätsklinik für Physikalische Medizin und Rehabilitation der Medizinischen Universität Wien vorstellig. Anamnestisch gab der Patient einen globalen Kraftverlust und eine eingeschränkte Beweglichkeit v.a. in den distalen Gelenken der oberen und unteren Extremitäten an. Klinisch zeigten sich deutliche kutane Sklerosierungen der Extremitäten distal der Ellbogen- bzw. Knie-Gelenke. Der Therapieplan umfasste aktive (Physio- und Ergotherapie) und passive (manuelle Lymphdrainage, therapeutischer Ultraschall, Softlaser, CO2-Bäder) Maßnahmen über einen Zeitraum von fünf Monaten. Zur Evaluierung des Therapieverlaufes und -ergebnisses wurden u.a. klinische Untersuchungen mit goniometrischen Vermessungen (Knie-, Sprung-, Ellbogen- und Handgelenke), Handkraftmessungen und Umfangmessungen der Extremitäten durchführt.

Einschränkungen im Alltag bzw. Fragen zur Lebensqualität wurden mittels DASH-Score und SF-36 erhoben. Die Evaluierungen erfolgten vor Therapiebeginn (Baseline), unmittelbar nach Therapieabschluss sowie sechs Monate nach Therapieabschluss.

Ergebnisse:

Der Bewegungsumfang (ROM – jeweils Extension/Flexion) nahezu aller Gelenke verbesserte sich im Laufe der Therapien: Ellbogengelenke li. 120 °/re. 120 ° auf li. 125 °/re. 125 °, Handgelenke li. 50 °/re. 45 ° auf li. 70 °/re. 70 °, Kniegelenke li. 85 °/re. 100 ° auf li. 125 °/re. 120 ° und Sprunggelenke li. 60 °/re. 50 ° auf li. 75 °/re. 40 °. Die maximale Handkraft steigerte sich von li. 12 kg/re. 18 kg auf li. 15 kg/re. 18 kg. Der DASH-Score reduzierte sich von 47 auf 22 (6 Mo. nach Therapieende: 32) und der SF-36-Score zeigte in beinahe allen Domänen eine Verbesserung (Baseline/nach Therapieabschluss/ 6 Monate nach Therapieabschluss): PFI 40/70/50, ROLPH 50/75/50, ROLEM 0/100/100, SOCIAL 100/100/100, MHI 64/80/72, PAIN 51/51/52, VITAL 40/50/60, GHP 15/42/52. Sechs Monate nach Therapieende zeigten die Bewegungsumfänge der gemessenen Gelenke zwar wieder eine Verschlechterung, aber dennoch durchschnittlich bessere Werte als vor Therapiebeginn: Ellbogengelenke li. 120 °/re. 130 °, Handgelenke li. 70 °/re. 45 °, Kniegelenke li. 100 °/re. 115 ° und Sprunggelenke li. 50 °/re. 60 °. Die Handkraft nahm weiter zu (li. 24 kg/re. 21 kg). Bei den Extremitätenumfängen gab es weder unmittelbar posttherapeutisch, noch nach sechs Monaten klinisch relevante Veränderungen gegenüber der Baseline.

Diskussion:

Diese Falldarstellung weist darauf hin, dass strukturierte physikalisch-medizinische Maßnahmen bei PM zu Verbesserungen in der Lebensqualität und Mobilität führen können. Weiters konnte ein über 6 Monate anhaltender, d.h. nachhaltiger therapeutischer Effekt beschrieben werden. Für die Zukunft sind Untersuchungen an größeren Patientenkollektiven mit PM zur Wirksamkeit einzelner Bausteine sowie multimodaler Konzepte dringend erforderlich, um die dargestellten Kurz- und Langzeiteffekte wissenschaftlich zu belegen.