JuKiP - Ihr Fachmagazin für Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 2014; 03(05): 237
DOI: 10.1055/s-0034-1393873
BHK
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mitteilungen für die Mitglieder des Bundesverband Häusliche Kinderkrankenpflege e.V.

Klaus Wingenfeld
1   Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld
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Publication Date:
06 October 2014 (online)

Neues Einschätzungsinstrument

In der Zeit von Juni 2013 bis Juli 2014 hat das Institut für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld (IPW) ein Projekt durchgeführt, mit dem ein neues Instrument zur Bedarfseinschätzung bei kranken Kindern und ihren Eltern entwickelt wurde. Das Projekt wurde in enger Zusammenarbeit mit dem Berufsverband Kinderkrankenpflege Deutschland e. V. (BeKD) und der Gesellschaft der Kinderkrankenhäuser und Kinderabteilungen in Deutschland e. V. (GKinD) durchgeführt. Diese beiden Organisationen stellten auch die Fördergelder zur Verfügung, die für die Instrumentenentwicklung erforderlich waren.

Ausgangspunkt des Projekts war die Feststellung, dass die in Deutschland verfügbaren Einschätzungsinstrumente meist zu wenig auf den charakteristischen Pflegebedarf von kranken Kindern zugeschnitten sind. Insbesondere die Gleichzeitigkeit von krankheits- und altersbedingtem Unterstützungsbedarf stellt bei der pflegerischen Einschätzung eine große Herausforderung dar. Hinzu kommen die begrenzten Möglichkeiten von Kindern, belastende Prozeduren oder eine fremde Umgebung mit unbekannten Menschen zu tolerieren. Dies führt vor allem bei einer Krankenhausbehandlung zu einem vermehrten Bedarf an emotionaler Unterstützung. Auch die Lebenssituation und die Pflegekompetenz der Eltern oder anderer verantwortlicher Bezugspersonen ist für die Pflegenden ein wichtiger Bezugspunkt bei der Bedarfseinschätzung. Sie werden im Versorgungsalltag zwar in den meisten Fällen berücksichtigt, aber nur selten systematisch. Für die Einschätzung des Bedarfs der Eltern an Information, Beratung und Anleitung gibt es bislang ebenfalls nur wenige methodische Hilfen.

Mit dem Projekt wurde der Prototyp eines Instruments entwickelt, das die Pflegenden bei der Erfassung der Bedarfssituation besser unterstützen soll als es bisher möglich war. Begleitet wurden die Entwicklungsarbeiten von einer Expertengruppe, die sich aus erfahrenen Vertretern des BeKD und der GKinD zusammensetzte. Außerdem gab es einen Projektbeirat, zu dem Expertinnen und Experten aus unterschiedlichen Organisationen und Versorgungsbereichen eingeladen waren.

Das neue Instrument berücksichtigt sowohl den Pflegebedarf von Kindern als auch den Beratungs- und Anleitungsbedarf ihrer Eltern. Es ist vorrangig für den Einsatz im Akutkrankenhaus vorgesehen, kann aber, wie erste Testungen zeigen, grundsätzlich auch in der ambulanten Pflege genutzt werden. Abgesehen von der Bedarfseinschätzung ist das Instrument auch für die Überleitung bei der Krankenhausentlassung bzw. die Überleitung in das Krankenhaus hinein vorgesehen. Schließlich bietet es eine Grundlage, ausgehend von der Erfassung des Bedarfs den zu erwartenden pflegerischen Aufwand – unter Einbeziehung des Beratungs- und Anleitungsbedarf der Eltern – zu beschreiben.

Der Abschlussbericht zu diesem Entwicklungsprojekt wird voraussichtlich im September 2014 veröffentlicht. Das Instrument muss allerdings noch unter Alltagsbedingungen getestet werden, bevor es als praxistauglich eingestuft und den Einrichtungen zur Verwendung empfohlen werden kann. Insbesondere ist dabei zu untersuchen, ob es gelungen ist, einen sinnvollen Kompromiss zwischen dem Differenzierungsgrad der Einschätzung und den begrenzten zeitlichen Möglichkeiten der Pflegenden in der Praxis zu finden. Eine entsprechende Erprobung soll in einem Folgeprojekt, das erneut vom BeKD und der GKinD gefördert wird, im kommenden Herbst anlaufen. Die Erprobung soll schwerpunktmäßig in Krankenhäusern stattfinden, aber auch die ambulante Pflege einbeziehen.

Dr. Klaus Wingenfeld