Z Gastroenterol 2014; 52(12): 1495-1499
DOI: 10.1055/s-0034-1397366
Mitteilungen der DGVS
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) und der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) zur Simeprevir-Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V des G-BA

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Publication History

Publication Date:
10 December 2014 (online)

Stellungnehmer:

Prof. Dr. Christoph Sarrazin, Frankfurt

Prof. Dr. Stefan Zeuzem, Frankfurt

Prof. Dr. Michael P. Manns, Hannover

Allgemeine Aspekte

Bedeutung der chronischen Hepatitis C

Die chronische Hepatitis C Virusinfektion stellt eine stille Seuche in Deutschland und der westlichen Welt sowie in zahlreichen Entwicklungsländern dar [1]. Mit einer Prävalenz von 0,3–0,9 % sind ca. 400 000 Patienten in Deutschland von den Komplikationen einer chronischen Hepatitis C wie Leberzirrhose, Leberkrebs und Tod bedroht (2–4). Die Anzahl an Patienten mit chronischer Hepatitis C, die bereits Komplikationen entwickelt hat, nimmt aktuell dramatisch zu und wird bei fehlender Einführung einer effektiven Therapie in den Jahren 2019 bis 2020 im Hinblick auf die Komplikation dekompensierte Leberzirrhose und im Jahr 2030 im Hinblick auf das Leberzellkarzinom sein Maximum erreichen [5]. Damit liegt die Mortalität für die Hepatitis C inzwischen deutlich höher als bei der HIV Infektion [6], von der in Deutschland lediglich ca. 70 000 Patienten betroffen sind [7]. Durch eine Steigerung der Therapierate bei gleichzeitig hocheffektiver Behandlung der chronischen Hepatitis C mit SVR Raten von ca. 90 % kann eine wesentliche Reduktion der Morbidität und Mortalität um ca. 70–75 % erreicht werden [8].

Therapie mit PEG-Interferon und Ribavirin

Die Therapie der chronischen Hepatitis C bestand über 20 Jahre bis zum Beginn diesen Jahres aus der Gabe von (pegyliertem) Interferon alfa in Kombination mit Ribavirin über eine Dauer von einem halben bis zu 1,5 Jahren [9]. Die Effektivität der Therapie war mit einer durchschnittlichen Heilungsrate von 50 % bei der Ersttherapie und 10–30 % bei der Re-Therapie limitiert und von zahlreichen Nebenwirkungen, die häufig zu vorzeitigen Therapieabbrüchen führten und teilweise auch mit bleibenden Schäden assoziiert waren, begleitet [9]. Dies führte dazu, dass weit über die Hälfte der Patienten für die Dauer der Therapie krankgeschrieben waren. Die tatsächliche Effektivität der Therapie wurde zusätzlich deutlich dadurch limitiert, dass bei 55 % der Patienten aus verschiedenen Gründen erst gar keine Therapie begonnen wurde. Hier sind insbesondere Angst vor Nebenwirkungen, berufliche, familiäre oder persönliche Probleme und fehlendes Verständnis zu nennen [10].

Triple-Therapie mit Boceprevir und Telaprevir

Im Jahr 2011 wurden die beiden ersten direkt antiviraler Medikamente (Boceprevir und Telaprevir) zugelassen. Da jedoch beide Medikamente zur selben Substanzklasse der NS3/4A Protease-Inhibitoren gehörten und unter einer alleinigen direkt antiviralen Therapie eine Resistenzentwicklung mit Wirkverlust innerhalb weniger Tage zu beobachten war, als auch Medikamente alternativer Substanzklassen mit Wirkungen gegenüber anderen HCV Proteinen nicht zur Verfügung standen, erfolgte die Zulassung in Kombination mit den beiden alten Medikamenten PEG-Interferon und Ribavirin (11–15).

Daher kam es insbesondere bei der Ersttherapie und der Behandlung von Relapsern zwar zu einer Steigerung der Effektivität. Allerdings war ebenfalls eine deutliche Zunahme von Nebenwirkungen der beiden direkt antiviralen Substanzen der ersten Generation zu beobachten, die teilweise insbesondere bei Patienten mit Leberzirrhose zu Todesfällen führten [16],[17]. Weitere Probleme waren Resistenzentwicklungen mit Wirkungsverlust der Therapie sowie die immer noch lange Therapiedauer von 24 bis 48 Wochen und die auf den HCV Genotyp 1 beschränkte Wirksamkeit.

Therapie mit Sofosbuvir

Mit der Zulassung des nukleosidischen Polymerase-Inhibitors Sofosbuvir im Januar 2014 steht nun erstmals eine Substanz mit Wirkung gegenüber einem anderen HCV Protein zur Verfügung [18]. Dadurch wird die Möglichkeit von direkt antiviralen Kombinationstherapien mit Medikamenten verschiedener Substanzklassen ermöglicht. Der direkt antivirale Angriff an zwei verschiedenen HCV Proteinen kann dabei zu einer hohen antiviralen Effektivität mit gegenseitiger Vermeidung eines resistenzbedingten Virusdurchbruchs führen.

Da der Polymerase-Inhibitor Sofosbuvir eine hohe antivirale Aktivität zusammen mit einer hohen Resistenzbarriere aufweist und resistenzbedingte Virusdurchbrüche auch unter einer Monotherapie bisher nicht beobachtet wurden, handelt es sich um einen idealen Kombinationspartner für andere antivirale Substanzen.

Dies dokumentiert sich zum einen durch eine Steigerung der Rate an Viruseradikationen (sustained virologic response, SVR) in der Kombinationstherapie mit PEG-Interferon und Ribavirin auf ca. 90 % bei gleichzeitiger einheitlicher Verkürzung auf 12 Wochen Behandlungsdauer und Verbesserung der Verträglichkeit [19].

Zum anderen konnte für die HCV Genotypen 2 und 3 bereits eine hohe Effektivität in einer Interferon-freien Therapie in alleiniger Kombination mit Ribavirin über 12 bzw. 24 Wochen bei ebenfalls ca. 90 %er SVR-Rate nachgewiesen werden (19–21). Dies war zudem mit einer erheblichen Verbesserung der Verträglichkeit assoziiert und wurde vom GBA entsprechend bewertet.

Aufgrund dieser wesentlichen Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten der chronischen Hepatitis C wurden auch die Therapieempfehlungen der deutschen Fachgesellschaft zeitnah nach Zulassung von Sofosbuvir angepasst [22] und die Zulassung von Sofosbuvir in der Stellungnahme der DGVS / DGIM zur Nutzenbewertung entsprechend kommentiert (siehe Stellungnahme vom 23.5.2014).

Eine Kombinationstherapie mit den Protease-Inhibitoren der ersten Generation (Boceprevir, Telaprevir) wurde jedoch aufgrund der intrinsischen erheblichen Nebenwirkungen dieser beiden Medikamente (Anämie, Arzneimittelexanthem u. a.) nicht evaluiert.

Therapie mit Simeprevir

Mit der Entwicklung des NS3 Protease-Inhibitors der zweiten Generation Simeprevir wurde mit der zusätzlichen Gabe von Sofosbuvir erstmals die Möglichkeit einer Kombinationstherapie zweier sich ergänzender direkt antiviraler Medikamente bei vollständigem Verzicht auf die nebenwirkungsreichen Substanzen PEG-Interferon alfa und Ribavirin ermöglicht [23]. Durch die hohe antivirale Aktivität beider Substanzen bestand damit ebenfalls erstmals die Aussicht eine Viruseradikation bei schwierig zu behandelnden Patienten zu erreichen. Dazu gehören insbesondere Patienten mit sogenanntem Null-Response auf eine Vortherapie mit PEG-Interferon und Ribavirin und / oder einer bereits vorhandenen Leberzirrhose. Bei diesen Patienten kann auch durch eine erneute Behandlung mit einer Kombinationstherapie aus PEG-Interferon und Ribavirin oder auch einer Triple-Therapie mit den Protease-Inhibitoren Boceprevir oder Telaprevir nur sehr selten eine Viruseradikation erreicht werden (SVR 5–62 %) (11–14).

Bevor die Möglichkeit einer Interferon-freien Kombinationstherapie mit anderen direkt antiviralen Substanzen wie z. B. Sofosbuvir absehbar war, wurde der Protease-Inhibitor der 2. Generation Simeprevir auch in Form einer konventionellen Triple-Therapie in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin entsprechend seiner optimalen antiviralen Aktivität bei Patienten mit einer HCV Genotyp 1 und 4 Infektion entwickelt. Durch die Ergebnisse der Kombinationstherapie aus Simeprevir mit Sofosbuvir [23] sowie weiterer Interferon-freier direkt antiviraler Kombinationstherapien, die aktuell (Sofosbuvir plus Daclatasvir) oder voraussichtlich in naher Zukunft zugelassen werden (Sofosbuvir plus Ledipasvir und AB450r plus Ombitasvir plus Dasabuvir) wird in der Praxis eine interferon-basierte Triple Therapie aber kaum mehr eingesetzt, so dass die praktische Bedeutung der Bewertung der konventionellen Triple-Therapie mit Simeprevir begrenzt ist (24–31). Dies spiegelt sich auch entsprechend in den Empfehlungen im neuesten Addendum zur Leitlinie zur Behandlung der chronischen Hepatitis C vom 11.9.2014 wieder (http://www.awmf.org/leitlinien / detail / ll/021-012.html).


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Spezifische Aspekte

Konventionelle Triple-Therapie mit Simeprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin bei der chronischen Hepatitis C, Genotyp 1: Ersttherapie und Relapser (Fragestellung 1a+b)

Für diese Patientengruppe wurde mit der Gabe von Simeprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin eine Interferon-basierte Therapie, die mindestens über 24 Wochen und bei fehlendem anhaltendem raschem virologischem Ansprechen über 48 Wochen durchgeführt werden muss untersucht (32–35).

Die Fachgesellschaft folgt der Bewertung des IQWiG hinsichtlich des Zusatznutzens, wobei der Vorteil im Vergleich zur dualen Therapie mit PEG-Interferon und Ribavirin insbesondere in der verkürzten Therapiedauer von 24 Wochen bei einem Großteil der Patienten (88–93 %) und im Vergleich zur Triple Therapie mit Boceprevir oder Telaprevir zusätzlich in der besseren Verträglichkeit liegt (32–35).

Die deutsche Leitlinie (Addendum zur Therapie der Hepatitis C vom 11.9.2014; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-012.html) gibt jedoch keine allgemeine Empfehlung zur Durchführung der Triple-Therapie mit Simeprevir, da mit der konventionellen Triple Therapie aus Sofosbuvir, PEG-Interferon und Ribavirin über eine fixe Dauer von 12 Wochen existiert, bei der eine kürzere Gesamttherapiedauer mit besserer Verträglichkeit und im indirekten Vergleich mindestens gleichwertigen SVR-Raten (88 % vs 89 % bei therapie-naiven Patienten) vorhanden ist [19],[32],[33].

Vorgeschlagene Änderung:

keine

Konventionelle Triple-Therapie mit Simeprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin bei der chronischen Hepatitis C, Genotyp 1: Non-Responder (Fragestellung 1c)

Für diese Patientengruppe wurde mit der Gabe von Simeprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin eine Interferon-basierte Therapie, die fest über 48 Wochen durchgeführt werden muss, untersucht [35].

Die Fachgesellschaft folgt der Bewertung des IQWiG hinsichtlich des Zusatznutzens, der auf der besseren Verträglichkeit im direkten Vergleich zur Triple Therapie mit Telaprevir beruht [35]. Allerdings sind die SVR Raten bei Null-Respondern (46 %) als auch bei partiellen Non-Respondern (69 %) unbefriedigend und im Vergleich zur Telaprevir-basierten Triple Therapie konnte hier trotz besserer Verträglichkeit keine Steigerung der SVR Raten nachgewiesen werden [35].

Die deutsche Leitlinie (Addendum zur Therapie der Hepatitis C vom 11.9.2014; http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/021-012.html) gibt keine Empfehlung zur Durchführung einer Triple Therapie mit Simeprevir über 48 Wochen bei Non-Respondern ab, da Interferon-freie Therapiealternativen mit wesentlich besserer Verträglichkeit, kürzerer Therapiedauer von 12 bis 24 Wochen und im indirekten Vergleich höheren SVR-Raten bestehen. Hierbei handelt es sich um die Kombinationstherapien aus Sofosbuvir plus Simeprevir bzw. Sofosbuvir plus Daclatasvir jeweils mit oder ohne die zusätzliche Gabe von Ribavirin (s. u.) [23],[24].

Vorgeschlagene Änderung:

keine

Konventionelle Triple-Therapie mit Simeprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin bei der chronischen Hepatitis C, Genotyp 1: HIV-Koinfektion (Fragestellung 1 d)

Hier wird auf die Stellungnahme der spezialisierten Fachgesellschaften verwiesen (Deutsche Gesellschaft für Infektiologie, Prof. Kliniker, Würzburg).

Konventionelle Triple-Therapie mit Simeprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin bei der chronischen Hepatitis C: Genotyp 4 (Fragestellung 2)

Hier liegt eine relative kleine, nicht kontrollierte Zulassungsstudie (RESTORE) mit therapie-naiven (n = 35) und vortherapierten (n = 72) Patienten vor. Die Therapiedauer betrug analog zur HCV Genotyp 1 Infektion 24 bzw. 48 Wochen je nach initialem Virusabfall für die Behandlung von therapie-naiven Patienten und Relapsern bzw. 48 Wochen für vorherige Non-Responder. Die SVR Raten für die verschiedenen Patientengruppen lagen im selben Bereich wie bei den Studien zur HCV Genotyp 1 Infektion (83–86 % für therapie-naive Patienten / Relapser, 60 % für partielle Non-Responder und 40 % für Null-Responder) [36].

Die deutsche Leitlinie (Addendum zur Therapie der Hepatitis C vom 11.9.2014) gibt eine Empfehlung zur Durchführung einer Triple The-rapie mit Simeprevir zur Ersttherapie und bei Relapsern über 24 Wochen als eine Therapieoption neben der konventionellen Triple Therapie mit Sofosbuvir über 12 Wochen ab. Dies wird durch die insgesamt größeren Patientenzahlen in der Simeprevir-Studie im Vergleich zur Sofosbuvir-Studie (n = 107 versus n = 28) bei gleichzeitiger Möglichkeit der Verkürzung der Therapie auf 24 Wochen bei 89 % der Patienten mit einer folgenden SVR-Rate von 94 % begründet [19],[36]. Bei Patienten mit einer Viruslast über 25 IU / ml zu Woche 4 der Behandlung und damit der Aussicht auf eine 48-wöchige Therapie sollte die Behandlung vorzeitig abgebrochen und der Patient einer alternativen Therapie zugeführt werden.

Im historischen Vergleich aus einer großen Metaanalyse mit 51 Studien und 11 102 Patienten mit einer durchschnittlichen SVR Rate von 53 % bei der Ersttherapie und einer Therapiedauer von 48 Wochen [37] ergibt sich ein Vorteil bei der Simeprevir-basierten Triple-Therapie sowohl hinsichtlich der Therapiedauer als auch des virologischen Therapieansprechens. Als Teil dieser Metaanalyse gingen auch Daten von 474 Patienten aus einem deutschen Register mit einer SVR Rate von 44 % bei einer Therapiedauer von 46–48 Wochen ein [38]. Zur Re-Therapie von Relapsern mit einer erneuten Kombinationstherapie aus PEG-Interferon und Ribavirin liegen keine spezifischen Studien vor. Beim HCV Genotyp 1 wurden SVR Raten von 23–38 % in Abhängigkeit des Fibrosestadiums berichtet [39],[40]. Auf der Grundlage der hohen SVR Rate unter der Simeprevir-basierten Triple-Therapie bei Genotyp 4 Relapsern (86 %) und ähnlichen Erfahrungen bei der Re-Therapie von Genotyp 1 Patienten (s. o.) liegt die hohe Effektivität der Simeprevir-basierten Triple-Therapie bei gleichzeitiger Verkürzung auf 24 Wochen bei fast allen Patienten aber vollständig im Bereich der Erwartungen.

Für partielle Non-Responder und Nullresponder wird die konventionelle Triple-Therapie mit Simeprevir aufgrund der nebenwirkungsreichen Therapie bei langer Dauer von 48 Wochen und gleichzeitig unbefriedigenden SVR-Raten von lediglich 44–70 % und dem Vorliegen von Therapiealternativen (s. u.) nicht empfohlen [35].

Vorgeschlagene Änderung:

Hinweise für einen Zusatznutzen bei der Ersttherapie und bei der Behandlung von Relapsern.

Interferon-freie Therapie mit Simeprevir in Kombination mit Sofosbuvir mit oder ohne die zusätzliche Gabe von Ribavirin bei der chronischen Hepatitis C, Genotyp 1)

Für diese interferon-freie Therapieoption wurde keine Bewertung durch das IQWiG vorgenommen, da im Hinblick auf die beantragte Bewertung durch das pU wichtige Voraussetzungen nicht erfüllt waren (u. a. fehlende Interferonunverträglichkeit des untersuchten Patientenkollektivs, fehlender adäquater Vergleich).

Die Kombinationstherapie aus Simeprevir und Sofosbuvir stellt jedoch nach einhelliger internationaler Auffassung den wesentlichen Schritt zum Durchbruch in der Effektivität und Verträglichkeit der Therapie der chronischen Hepatitis C dar. Durch die erstmalige Möglichkeit einer Kombination von gut verträglichen direkt antiviralen Substanzen mit unterschiedlichen Zielstrukturen im HCV Replikationszyklus wurde die Möglichkeit eröffnet, unabhängig von der Interferon-Sensitivität des einzelnen Patienten eine Viruseradikation zu erreichen.

Daher standen bei der Erprobung der Kombinationstherapie aus Simeprevir und Sofosbuvir Patienten im Vordergrund, bei denen eine Viruseradikation mit der PEG-Interferon / Ribavirin Kombinati-onstherapie besonders schwer zu erreichen ist [23].

Die SVR Raten liegen bei Patienten mit fortgeschrittener Fibrose bzw. Leberzirrhose in der Ersttherapie über 48 Wochen mit PEG-Interferon und Ribavirin bei 33–38 % bzw. mit der Triple-Therapie über 48 Wochen mit Boceprevir oder Telaprevir in Kombination mit PEG-Interferon und Ribavirin bei 52–66 % [12],[13],[41].

Bei Patienten mit Null-Response auf die Vortherapie mit PEG-Interferon und Ribavirin wird durch eine Re-Therapie über 48 Wochen mit PEG-Interferon und Ribavirin bzw. durch die Boceprevir / Telaprevir Triple-Therapie bei ca. 5 % bzw. 33–41 % der Patienten eine Viruseradikation erreicht [12],[39],[42],[43].

Die schlechtesten SVR-Raten werden bei einer Kombination aus Leberzirrhose und Null-Response mit 10 % bzw. 14–33 % bei einer Behandlung mit PEG-Interferon / Ribavirin bzw. der Boceprevir / Telaprevir Triple-Therapie erreicht [12],[17],[43].

In der Cosmos-Studie wurden ausschließlich Patienten mit fortgeschrittener Fibrose (Metavir F3) oder Leberzirrhose und / oder Null-Response auf eine Vortherapie mit PEG-Interferon und Ribavirin eingeschlossen [23]. Mit einer Behandlung über 12 Wochen konnten dabei 93–96 % der Patienten mit Null-Response und 93 % der Patienten mit fortgeschrittener Fibrose oder Zirrhose eine Viruseradikation erreichen (Cosmos). In der Gruppe der Null-Responder mit Leberzirrhose erreichten 8 von 9 Patienten einen SVR (89 %). Weder durch eine längere Therapie über 24 Wochen noch durch die zusätzliche Gabe von Ribavirin fand sich eine signifikante Steigerung der SVR-Raten.

Damit stellt die Interferon-freie Kombinationstherapie aus Simeprevir und Sofosbuvir eine ganz wesentliche Verbesserung hinsichtlich der Effektivität, Verträglichkeit und Dauer der Therapie für Patienten mit fehlender Effektivität der Interferon-basierten Therapie (Null-Responder) und hoher Dringlichkeit für eine antivirale Therapie (fortgeschrittene Fibrose / Zirrhose) im Vergleich zu Interferon-basierten Therapieoptionen wie oben dargestellt dar.

Durch die Viruseradikation kann auch bei den Patienten mit Leberzirrhose die Rate an den drohenden Komplikationen wie Progress der Fibrose, Dekompensation der Zirrhose, Leberzellkarzinom und Tod signifikant vermindert werden, wie in zahlreichen Studien nachgewiesen wurde (44–47). Dabei liegen die Raten an Leberversagen, leberassoziierter Mortalität und Leberzellkarzinomentwicklung im 10-Jahresverlauf bei ca. 1–4 % bei Patienten mit SVR im Vergleich zu 15–30 % bei Patienten mit fehlendem SVR (44–47).

Die Interferon-freie Kombinationstherapie mit Simeprevir und Sofosbuvir wird seit Zulassung weltweit bei zahlreichen Patienten eingesetzt.

Zudem sind seit Zulassung von Sofosbuvir und Simeprevir eine Vielzahl von Studien und Anwendungsbeobachtungen mit dieser Kombinationstherapie initiiert worden.

Hierzu wurden auf einer Konferenz der europäischen und amerikanischen Fachgesellschaft (EASL / AASLD) erste Daten mit einer Bestätigung der virologischen Effektivität und Verträglichkeit berichtet (Roytman et al. A real life experience with the Cosmos regimen in genotype 1 chronic hepatitis C treatment. Perumalswami et al. Serious adverse events and hepatic decompensation in hepatitis C virus infected patients on Sofosbuvir and / or Simeprevir-based therapy. Joint AASLD / EASL Special Confernce on Hepatitis C, New York, 12.–13.09.2014).

Ebenfalls auf der Konferenz der europ. und amerik. Fachgesellschaft (EASL / AASLD) wurden erste Ergebnisse einer internationalen Anwendungsbeobachtung vorgestellt (Nelson DR. HCV-Target Study. Joint AASLD / EASL Special Conference on Hepatitis C, New York, 12.–13.09.2014, http://www.natap.org/). Nach Zulassung von Sofosbuvir und Simeprevir wurden hierbei in den USA und Europa bislang 902 Patienten mit dieser interferon-freien Kombinationstherapie mit oder ohne die zusätzliche Gabe von Ribavirin in die HCV-Target Studie eingeschlossen. Darunter waren zahlreiche Patienten mit Ersttherapie (37–41 %), Versagen auf PEG-Interferon und Ribavirin (49–52 %) oder einer Triple-Therapie mit Boceprevir oder Telaprevir (7–14 %). Bei 45–54 % der Patienten lag bereits eine Le-berzirrhose vor. Im Unterschied zur Cosmos-Studie, bei der diese Patienten nicht zugelassen waren, war hier bei 52–55 % der Patienten bereits eine Dekompensation der Zirrhose vorausgegangen bzw. wurde ein MELD-Score von > 15 (7–10 %) dokumentiert. Bei einer aktuellen Zwischenauswertung vom 10.9.2014 war 4 Wochen nach Therapieende bei 85 % bzw. 93 % der Patienten mit bzw. ohne Zirrhose keine HCV RNA nicht nachweisbar, so dass eine Viruseradikation wahrscheinlich ist. Die Verträglichkeit war mit einer Abbruchrate von 1,4–2 % sehr gut.

Die Präsentation von Ergebnissen weiterer Studien mit Patienten, die eine Kombinationstherapie aus Simeprevir und Sofosbuvir erhalten haben, wird auf dem amerikanischen Leberkongress (The Liver Meeting, AASLD, Boston) Anfang November 2014 erwartet.

Schließlich darf hinsichtlich der grundsätzlichen hohen Wirksamkeit interferon-freier direkt antiviraler Therapieregime auf die Publikation von einer Phase 2 und 8 Phase 3 Studien mit Kombination eines nukleosidischen Polymerase-Inhibitors mit einem NS5A-Inhibitor (Sofosbuvir plus Ledipasvir) sowie eines NS3-Protease- mit einem nicht-nukleosidischen Polymerase- und einem NS5A-Inhibitor (ABT450r plus Dasabuvir plus Ombitasvir) mit oder ohne die zusätzliche Gabe von Ribavirin über 8 bis 24 Wochen hingewiesen werden. Hier konnten in den Phase 3 Studien bei einer Gesamtzahl von 3826 Patienten mit und ohne Vortherapie und mit und ohne Leberzirrhose SVR Raten von 80–100 % (im Mittel 96 %) erreicht werden (24–31).

Vorgeschlagene Änderung:

Hinweise für einen erheblichen Zusatznutzen bei der Therapie von Patienten mit fortgeschrittener Fibrose, Zirrhose und / oder Non-Response auf eine Vortherapie.


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