Z Gastroenterol 2015; 53(5): 529-530
DOI: 10.1055/s-0034-1397751
Der bng informiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kapselendoskopie des Dünndarms – Ein Resümee nach zehn Monaten Kassenleistung

Horst Hohn
Further Information

Publication History

Publication Date:
18 May 2015 (online)

Seit dem 1.7.2014 ist die Kapselendoskopie des Dünndarms (KE) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen als „Kassenleistung“ aufgenommen. Außerdem konnten sich alle niedergelassenen Gastroenterologen und (bis zum 31.12.14) Internisten um eine Zulassung bemühen. So allmählich werden die in den QM-Vereinbarungen (s. Homepage der KBV) festgelegten Verfahren in den lokalen Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) umgesetzt. Zeit für ein Resümee.

Die Zulassung zur KE

Die erste Hürde zum Zugang zu der KE stellt die Zulassung dar. Hier gab es eine Übergangsregelung, die es erfahrenen Gastroenterologen und vor allem auch Internisten ohne Schwerpunkt ermöglichte, die Zulassung zu erlangen. Seit dem 1.1.15 gilt jedoch: Zugelassen werden nur noch Internisten mit der Zusatzbezeichung Gastroenterologie (nach der alten oder neuen Weiterbildungsordnung).

Das seit diesem Jahr stark sinkende Interesse an Kapselkursen könnte als Zeichen für eine Sättigung des Marktes oder als falsche Auslegung dieser Übergangsregelung verstanden werden. Fakt ist, dass nach einer Umfrage bei den Kassenärztlichen Vereinigungen bis jetzt rund 320 Genehmigungen erteil wurden. Wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein großer Anteil an Gemeinschaftspraxen mit mehreren Untersuchern in diese Zahl der Einzelzulassungen eingehen, so haben bisher schätzungsweise 250 Zentren die Zulassung erhalten. Das sind weit weniger als gedacht. Landesweit gibt es Regionen, in denen keine flächendeckende Versorgung besteht (z. B. neue Bundesländer), aber auch Städte, die überproportional vertreten sind (z. B. Berlin 20 Zulassungen).

Andererseits ist der Weg zur Zulassung auch nach Ablauf der Übergangsfrist nicht verlegt. So muss der applizierende Arzt die Applikation von fünf Kapseln in zwölf Monaten vor Antragstellung sowie den Besuch eines anerkannten Kapselkurses nachweisen. Das ist ohne Probleme durch Hospitation in einem entsprechenden Zentrum durchführbar und steht in keinem Verhältnis zu den Hürden bei der Anerkennung des Schwerpunktes Gastroenterologie (z. B. mit der Anzahl der durchzuführenden ERCP).

Der auswertende Arzt muss zudem die Auswertung von 25 Kapselvideos unter Anleitung nachweisen. In den Kapselkursen des Kapselklubs, die über die bng-Service GmbH gebucht werden können, werden die geforderten Kapselvideos unter Anleitung von zur Weiterbildung berechtigten Gastroenterologen ausgewertet. Somit kann auch diese Qualifikation relativ leicht erworben werden. Die Termine zu den Kapselkursen 2015 erfahren Interessierte über die bng-Service GmbH oder die Geschäftsstelle des bng.


#

Indikationsstellung zur KE

Die Indikationen zur KE werden nach strengen Kriterien gestellt. Diese sind vom applizierenden Arzt zu prüfen und zu dokumentieren. Die Indikationen zur KE sind die obskure GI-Blutung mit Anämie oder die unklare Eisenmangelanämie. Vorab müssen alle anderen in Frage kommenden Blutungsquellen ausgeschlossen werden. Die konventionelle Endoskopie (ÖGD und Koloskopie) müssen vorab ergebnislos gewesen sein, die endoskopischen Untersuchungen sollen nicht länger als drei Monate zurück liegen. Ein Auslassversuch blutungsfördernder Medikamente ist, sofern die Grunderkrankung dies zulässt, vorab durchzuführen. Somit ergeben sich zwei mögliche Szenarien:

  1. unklare GI-Blutung mit Anämie: overte oder okkulte GI-Blutung mit relevant erniedrigtem Hb (unabhängig der Form der Anämie);

  2. unklare Eisenmangelanämie: relevante mikrozytäre, hypochrome Anämie mit erniedrigtem Ferritinwert.

Leider zeigt die Praxis, dass sehr häufig Patienten zur KE überwiesen werden, ohne dass die obigen Kriterien erfüllt oder die zur Dokumentation erforderlichen Unterlagen vorhanden sind. Oft genug ist die endoskopische Untersuchung weit älter als drei Monate und muss dann, um einer Prüfung standzuhalten, gegebenenfalls. wiederholt werden. Das alles ist unnötig, kostet Zeit und verschwendet Ressourcen. Deshalb ist es sehr wichtig, die Zuweiser ausreichend über obige Kriterien zu informieren. Der Patient sollte zum Vorgespräch die Befunde der ÖGD, der Koloskopie und ggf. anderer Untersuchungen sowie einen repräsentativen Auszug aus dem Laborblatt in Kopie mitbringen, damit schnell und sicher die Indikation zur KE gestellt werden kann.


#

Erfüllung und Kontrolle der Qualität

Analog zur Vorsorgekoloskopie wird nach Zulassung die Erfüllung der Qualitätskriterien durch die örtliche KV überprüft. Dazu muss der Untersucher zunächst nachweisen, dass er mindestens zehn KE pro Jahr selbstständig ausgewertet hat. Nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung ausgewertete KE können auf die nachzuweisenden Zahlen angerechnet werden. Eine Auswertung der KE darf weder delegiert werden noch durch nicht-ärztliches Personal durchgeführt werden. Sie ist eine ärztliche Leistung, die persönlich zu erbringen ist.

Seit dem 1.4.2015 müssen alle Untersuchungen in einer Jahresstatistik erfasst werden. Die KBV wird dazu ein elektronisches Meldeformular erstellen, das über das KV-Safenet ausgefüllt werden kann. Leider wird dieses Formular erst Mitte des Jahres zur Verfügung stehen, so dass es sich empfiehlt, die Dokumentation bis dahin „zu Fuß“ zu machen. Die KV Rheinland-Pfalz stellt hierzu ein Formular zu Verfügung, dass auf der bng-Webseite im Mitgliederbereich bei der Fachgruppe Kapselendoskopie zu finden ist.

Die Lektüre dieses Formulars ist empfehlenswert, denn es werden alle Parameter aufgelistet, die im Befund der KE zu Dokumentation kommen sollten. Die Jahresstatistik ist alljährlich einzureichen. Erst nach Auswertung der gesammelten Daten wird später festgelegt, welche harten Kriterien in Zukunft geprüft werden.


#

Sachkosten

Es gibt keine bundeseinheitliche Regelung zur Abrechnung der Sachkosten (Einmalkapsel). Die regionalen KVen haben dazu eine eigene Lösung finden müssen. In keiner KV wurde die Kapsel in den Sprechstundenbedarf (SSB) aufgenommen. Das ist schade, denn das wäre die unbürokratischste Lösung gewesen. Jetzt gibt es in einigen KVen die Abrechnung über eine Sonderziffer oder über gesonderte Ausweisung der Sachkosten in der Quartalsabrechnung.

Andere KVen verweisen auf die direkte Abrechnung mit der jeweiligen Krankenkasse. In diesem Fall muss mit den Angaben der Patientendaten eine Rechnung mit entsprechendem Kostennachweis an die Krankenkasse des Patienten ausgestellt und direkt an diese gesendet werden. Die Rechnung muss alle relevanten Praxisdaten enthalten. Ein Institutionskennzeichen (IK) ist keine Pflicht, aber empfehlenswert. Die IK kann relativ leicht und schnell über die IK-Stelle (über Internet ohne Probleme auffindbar) nach Antrag erhalten werden. Sie garantiert dem Rechnungsempfänger die Echtheit der angegebenen Kontodaten und erhöht so die Sicherheit.

Die meisten Krankenkassen akzeptieren einen Sachkostennachweis, so wie dies bei den privaten Krankenkassen üblich ist. Nur wenige scheren aus und verlangen Originalrechnungen. Das ist ärgerlich, da die meisten Praxen die Kapseln nicht einzeln bestellen und so ggf. eine Sammelrechnung mit Schwärzung anderer Posten, die nicht abrechnungsrelevant sind, eingereicht werden muss. Also wieder ein bisschen mehr Verwaltungsaufwand ohne inhaltlichen Mehrwert. Eine Einzelbestellung von Kapseln ist in der Regel 20 bis 30 Prozent teurer. Die Vorgehensweise sollte in diesen Fällen mit den betreffenden Krankenkassen direkt besprochen werden. Auch hier gibt es starke regionale Unterschiede, die nur vor Ort geklärt werden können.


#

Zusammenfassung

Die Zulassungszahlen der KE zeigen, dass die Versorgung zurzeit noch nicht flächendeckend ist. Eine Zulassung ist relativ leicht zu erlangen, anerkannte Kapselkurse sind landesweit verfügbar. In den unterversorgen Gebieten sollten die dort ansässigen Gastroenterologen zur Zulassung motiviert werden.

Die Pflicht zur Untersuchungsdokumentation gilt seit 1.4.15. Der Erhalt der Zulassung wird nach 24 Monaten überprüft. In Bezug auf die korrekte Indikationsstellung besteht weiterhin ein starkes Informationsdefizit bei den Zuweisern. Das sollte durch gezielte Information verbessert werden. Die Abrechnung der Sachkosten ist regional sehr unterschiedlich und teils kompliziert. Auch hier gibt es Verbesserungspotential.


#