Z Gastroenterol 2015; 53(9): 1132-1133
DOI: 10.1055/s-0034-1397957
Der bng informiert
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Experten-Workshop beim GBA – Fokus Darmkrebsvorsorge

Jens Aschenbeck
,
Dietrich Hüppe
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Publication Date:
06 October 2015 (online)

Am 12.6.2015 fand in den Räumen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) in Berlin ein Treffen von Experten zum Thema Darmkrebsvorsorge, Umsetzung des Einladungsverfahrens und möglicher Konzepte zur Steigerung der Teilnahme an der Darmkrebsvorsorge statt. Eingeladen hatten neben der Stiftung LebensBlicke und dem Netzwerk gegen Darmkrebs auch die Deutsche Krebsgesellschaft, die Deutsche Krebshilfe, die DGVS und DGIM.

J. Hecken, der GBA-Vorsitzende, sprach sich in einer sehr engagierten Begrüßungsrede für die zeitnahe Umsetzung des Einladungsverfahrens 2016 aus und äußerte die Vermutung, dass der GBA im Ergebnis der Beratung einen quantitativen immunologischen Stuhltest empfehlen könnte.

Mit diesem Thema beschäftigte sich die 1. Sitzung. Nachdem C. Pox (Bochum) die Rolle der Stuhlteste in der S3 Leitlinie Darmkrebs vorgestellt hatte, stellte H. Brenner (Heidelberg) die möglichen Kriterien und Qualitätssicherung für eine evidenz-basierte Früherkennung mit quantitativen immunochemischen Stuhltests vor. In den Niederlanden, so berichtete E. Kiupers (Rotterdam), gibt es sehr gute Erfahrungen und Teilnahmeraten mit diesem Stuhltest. Dieser ist dort seit zwei Jahren in das nationale Screening-Programm implementiert. In Deutschland dagegen lag die Teilnahmerate nach Einladung zu Stuhltest oder Koloskopie (Th. Giese, Pilotprojekt Barmer GEK in Bayern) nur bei ernüchternden 14 Prozent. Die unterschiedliche Teilnahmerate ist möglicherweise dadurch zu erklären, dass der Stuhltest in Holland direkt versandt wird und nicht beim Hausarzt abzuholen ist.

In der 2. Sitzung ging es um den familiären / erblichen Darmkrebs. St. Aretz (Bonn) stellte die Zahlen für diese Entität in Deutschland vor. In Holland werden jetzt mit Etablierung des nationalen Vorsorgeprogramms alle Darmkrebsfälle in einem Register gesammelt und strukturiert nachverfolgt, berichtete F.A. Vasen (Leiden). In Deutschland wurden Patienten mit familiärem Darmkrebs in einer geförderten Pilot-Studie untersucht (F. Kolligs, Berlin). Die Angehörigen und Familien von Indexpatienten konnten mit einem strukturierten Bogen befragt werden. Dies sollte auch weiter untersucht werden. Die Ergebnisse der Famkol-Studie, in der Angehörige von Darmkrebspatienten über eine notwendige Darmspiegelung durch med. Assistenzpersonal angesprochen wurden, zeigten eine sehr hohe Teilnahmerate (A. Bauer, Halle).

Die 3. Sitzung befasste sich mit dem bisher bestehenden organisierten Darmkrebs-Früherkennungsprogramm. L. Altenhofen (ZI, Berlin) berichtete über die Effektivität der Vorsorgekoloskopie in den letzten zehn Jahren. Die Teilnahmerate (2 Prozent / Jahr) konnte in den letzten zehn Jahren nicht gesteigert werden. Ca. 23 Prozent der anspruchsberechtigten Versicherten haben sich dieser Untersuchung bisher unterzogen. Dabei ist bemerkenswert, dass insbesondere bei Männern in früherem Lebensalter und häufiger Adenome gefunden werden. Dies entspricht auch internationaler Erfahrung. Hieraus resultiert die Frage, ob die Altersbegrenzung der Darmkrebsvorsorge nicht geschlechtsspezifisch nach unten verschoben werden muss.

Darmkrebsvorsorge ohne nationale Dokumentation, Qualitätssicherung und Einbildung in ein nationales Krebsregister ist unzureichend. Dies betonten alle Referenten und Diskutanten. So muss auch die Anschlussfinanzierung der bisherigen Datenbank beim ZI über 2014 hinaus durch GKV und KBV finanziert werden. T. Rösch (Hamburg) wies darauf hin, dass in Zukunft Qualitätsindikatoren in das Vorsorgeprogramm implementiert werden sollten, wobei Messparameter wie die Adenomdetektionsrate (ADR) und die Anzahl von Intervallkarzinomen kritisch zu evaluieren wären. A. Katalinic (Lübeck) zeigte die Erfahrungen mit dem Krebsregister auf. Schon aktuell ist es möglich aufgrund der bestehenden Registergesetze Daten zur Inzidenz, regionalen Verteilung und Therapie zu erfassen. Er warb außerdem für ein sog. Screening-Register, um die Daten der Intervall Karzinome auswerten zu können.

Fazit: unter den Experten herrscht Einigkeit über entscheidende Punkte in der Vorsorge. Diese wurden unter dem Namen „Berliner Erklärung“ als Forderung an die Entscheidungsträger in der Umsetzung des Einladungsverfahrens zur Darmkrebsvorsorge veröffentlicht. Sie kann auf der bng-Webseite eingesehen werden.