Pneumologie 2015; 69 - P396
DOI: 10.1055/s-0035-1544720

Unterschätzen wir den COPD-Schweregrad von Frauen bei ausschließlich spirometrischer Lungenfunktionsmessung wegen einer stärker ausgeprägten Emphysem-Komponente? Ein Plädoyer für die Diffusionsmessung

M Wittmann 1, D Jelusic 1, M Schuler 2, K Schultz 1
  • 1Klinik Bad Reichenhall der DRV Bayern Süd
  • 2Institut für Psychotherapie und Medizinische Psychologie, Arbeitsbereich Rehabilitationswissenschaften, Universität Würzburg

Hintergrund: In der Rehabilitation fallen immer wieder Frauen mit fortgeschrittenem Emphysem bei relativ normaler Spirometrie auf. Handelt es sich um Einzelfälle, oder neigen Frauen allgemein zur stärkeren Emphysementwicklung?

Methode: Bei 463 COPD-Patienten in der pneumologischen Rehabilitation der GOLD-Schweregrade II-IV wurde die Raucheranamnese (Packungsjahre py) erhoben, eine Spirometrie/Bodyplethysmographie und die Diffusionskapazität ermittelt sowie, in Verbindung mit der Heliummethode, der Transferkoeffizient TLCO/VA. Andere Ursachen einer Diffusionseinschränkung als Emphysem wurden klinisch/röntgenologisch ausgeschlossen.

Ergebnisse: Untersucht wurden 171 Frauen und 292 Männer. Folgende Ausgangswerte zwischen den Geschlechtern unterscheiden sich nicht signifikant: Frauen Ø Alter 57,7, Ø FEV1 51,7% Soll, GOLD II-IV: 50,8/40,7/8,5%, Männer Ø Alter 57,4, Ø FEV1 51,7% Soll, GOLD II-IV: 53,6/35,1/11,4%.

Die Männer haben mehr geraucht: 45,6py versus 31,5py.

Diffusionsmessung:

Mittelwert TLCO/VA (in % Soll, MW±SD) bei Frauen 53,5 ± 23,2, bei Männern 68,0 ± 30,0, p < 0,01.

TLCO/VA von kleiner als 50% Soll: 50,6% der Frauen, 23,9% der Männer.

Das Geschlecht korreliert (p < 0,001) mit TLCO/VA, auch nach Kontrolle für FEV1.

Wie auch Moderatoranalysen belegen zeigen sich große Geschlechtsunterschiede von TLCO/VA nur bei GOLD II und III:

Abb. 1

Diskussion: Einige Studien legen nahe, dass Frauen gefährdeter sind eine COPD durch Rauchen zu bekommen.

Frauen im Patientenkollektiv einer Rehabilitationsklinik weisen trotz deutlich weniger py eine ähnliche GOLD-Schweregradeinteilung auf, sie scheinen im Vergleich mit den Männern in Relation zur Obstruktion jedoch ein stärkeres Emphysem zu entwickeln.

Es ist zu befürchten, dass mit einer Spirometrie allein der Schweregrad einer COPD bei Frauen unterschätzt wird. Die Messung der Diffusion kann die Emphysemkomponente mit erfassen und sollte daher routinemäßig zum Assessment der COPD, möglicherweise auch außerhalb der Rehabilitation, gehören.