Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - A15
DOI: 10.1055/s-0035-1551589

Peripartale Kardiomyopathie (PPCM) – Fallvorstellung und aktuelle Literaturübersicht

C Kunz 1, S Seeger 1
  • 1St. Elisabeth und St. Barbara Krankenhaus, Halle (Saale)

Die PPCM tritt gegen Ende der Schwangerschaft oder in den ersten postpartalen Monaten auf und geht mit einer hohen Morbidität und Mortalität einher. Insbesondere frühe Anzeichen und Symptome der Herzinsuffizienz sind oftmals nur schwer von physiologischen peripartalen Beschwerden zu unterscheiden, was die Diagnosestellung und den Therapiebeginn häufig verzögert. Der sehr variable klinische Verlauf kann in wenigen Tagen zur terminalen Herzinsuffizienz führen.

Notfallmäßige Vorstellung einer 35-jährigen X. Grav./VIII. Para, 31+2 SSW in deutlich reduziertem AZ mit Belastungsdyspnoe und Husten seit zwei Tagen. Unter dem sofortigen Verdacht auf eine PPCM erfolgte die kardiologische Vorstellung. Echokardiographisch (TEE) wurde die Diagnose bestätigt, die LVEF war mit 30% stark eingeschränkt, der linke Ventrikel hochgradig dilatiert. Es erfolgte die unmittelbare komplikationslose Re-Re-Sectio in SPA. (Anmerkung: Lungenreifeinduktion wegen vag. Blutung bei 27 SSW abgeschlossen). Übernahme der Patientin auf die kardiologische Intensivstation und Einleitung einer Herzinsuffizienztherapie mit Ramipril/HCT, Metoprolol, Eplerenon und Digitoxin und Bromocriptingabe lt. Studienlage. Die zunehmend beschwerdefreie Patientin drängt trotz rezidivierender ventrikulärer Tachykardien und dem damit verbundenen Risiko für Kammerflimmern auf Entlassung. Diese erfolgt nach Anlage einer Schrittmacherweste (LifeVest®) am 7. pp. Tag gegen Revers.

Die Pathophysiologie der PPCM bleibt unklar. Aktuelle Studien sehen die Bildung eines 16kDa-Prolaktinfragments durch oxydativen Stress als einen Hauptmechanismus an. Dieses biologisch aktive, angiostatische und pro-apoptotische Spaltprodukt führt zur Endothelschädigung mit folgender Myokardunterversorgung und einer Schädigung der Herzfunktion. Die Therapie erfolgt entsprechend der Leitlinie für Herzinsuffizienz. In wenigen Studien und Case Reports konnte gezeigt werden, dass sich eine zusätzliche Bromocriptin-Gabe zur Hemmung der Prolaktinausschüttung positiv auswirken kann.

Zum Verständnis des Pathomechanismus und zur Evaluierung von Therapieoptionen sind weitere Studien erforderlich. Die Arbeitsgruppe für PPCM der European Society of Cardiology (ESC) hat ein weltweites prospektives Register gegründet mit dem Ziel, 1.000 Patientinnen zu rekrutieren. Zudem läuft eine randomisierte Phase-II-Studie der Medizinischen Hochschule Hannover zur Wirksamkeit von Bromocriptin bei PPCM.

Zusammenfassung: Die Kasuistik zeigt, dass eine Manifestation der PPCM atypisch schon bereits bei 31 v. SSW erfolgen kann. Die frühzeitige Erkennung ist entscheidet über die Prognose dieser vital bedrohlichen Erkrankung. Bei unklarer, akut eingeschränkter Belastbarkeit mit Dyspnoe ab dem 2. Trimenon und im Wochenbett muss eine PPCM ausgeschlossen werden. Neben der Entbindung und einer allgemeingültigen Therapie der Herzinsuffizienz, stellt die Gabe von Bromocriptin eine, wenn auch noch nicht wissenschaftlich abschließend bewertete Therapieoption dar.