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DOI: 10.1055/s-0035-1557538
Reduktion und Prävention des legalen und illegalen Substanzkonsums von Studierenden durch Teilnahme an ‚Soziale Normen‘-Interventionen: Erfahrungen und erste Ergebnisse einer internationalen Machbarkeitsstudie in 7 europäischen Ländern (SNIPE-Studie) und der in vier Regionen Deutschlands umgesetzten Nachfolgestudie (INSIST-Studie)
Einleitung: Internationale Studien zeigen, dass Studierende häufig den Substanzkonsum ihrer Peers überschätzen und dass diese Fehleinschätzungen zu einem erhöhten persönlichen Konsum führen können. Überschätzungen des Peerkonsums durch ein persönliches Feedback für Studierende sichtbar zu machen, kann, laut US-amerikanischen Studien, zu einer Reduktion des Konsums führen. Diese sogenannte ‚soziale Normen‘-Intervention wurde nun erstmalig auch bei deutschen Studierenden auf Wirksamkeit untersucht.
Methoden: In einer internationalen und einer deutschen Studie wurden Studierende web-basiert zum eigenen Substanzkonsum und der Einschätzung des Peerkonsums befragt. Diese Angaben wurden in den jeweiligen teilnehmenden Hochschulen für die Entwicklung eines web-basierten hochschul- und geschlechtsspezifischen Feedbacks genutzt. Dabei wurden Diskrepanzen zwischen Einschätzungen des Peerkonsums und dem tatsächlichen Substanzkonsum verdeutlicht. In der EU-finanzierten ‚Social Norms Intervention for the prevention of Polydrug usE (SNIPE)‘-Studie wurden 4465 Studierende in sieben europäischen Ländern (Belgien, Dänemark, Deutschland, England, Slowakische Republik, Spanien, Türkei) befragt, um die Machbarkeit von soziale Normen-Interventionen zu erproben. Aufbauend wurde die vom Bundesministerium für Gesundheit geförderte INSIST (INternetbasierte Soziale Normen Intervention zur Prävention von Substanzkonsum von Studierenden)-Studie durchgeführt, in der 4569 Studierende an acht deutschen Hochschulen befragt wurden.
Ergebnisse: In der SNIPE-Studie zeigte sich, dass die Studierenden dazu tendieren, den Substanzkonsum des Großteils ihrer Peergroup höher einzuschätzen als ihren eigenen Konsum. Dies gilt sowohl für legale und illegale Substanzen als auch für missbräuchlich konsumierte verschreibungspflichtige Medikamente. Hinsichtlich der nicht medizinisch-indizierten Medikamenteneinnahme zur akademischen Leistungssteigerung zeigte sich beispielsweise, dass 50% aller Befragten den Konsum des Großteils ihrer Peergroup höher als ihren eigenen Konsum einschätzte, 44% genauso hoch und nur 6% geringer. In der INSIST-Studie wurden diese Ergebnisse bereits zum Teil bestätigt. Hinsichtlich des Alkoholkonsums zeigte sich zum Beispiel, dass 56% der männlichen und 58% der weiblichen Studierenden einschätzte, dass der Großteil ihrer Peers mindestens fünf Getränke pro Anlass trank. Tatsächlich trank der Großteil der weiblichen Studierenden (50%) zwei und männlichen Studierenden (54%) drei Getränke pro Anlass. Darüber hinaus zeigte sich, dass Einschätzungen eines hohen Konsums von Alkohol bei den Peers mit einem hohen eigenen Konsum assoziiert sind. Daten zu weiteren Substanzen werden derzeit analysiert.
Diskussion: Anhand der SNIPE-Studie zeichnet sich die Machbarkeit des ‚soziale Normen‘-Ansatzes als Präventionsmaßnahme in Bezug auf Substanzkonsum ab. Die INSIST-Studie wird umfassendere Daten zu Substanzkonsum von deutschen Studierenden liefern. Zukünftige longitudinale Studien erscheinen jedoch für eine solide Evidenzbasierung dieses Ansatzes notwendig.