Suchttherapie 2015; 16 - S_12_01
DOI: 10.1055/s-0035-1557541

EU Trends in Konsum, Behandlungsnachfrage und drogenbezogener Kriminalität

R Simon 1
  • 1Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht

Einleitung: Die Debatte zur rechtlichen Bewertung von Cannabis hat in letzter Zeit international erheblich an Dynamik gewonnen. Auch Deutschland ist dabei keine Ausnahme. Umso wichtiger erscheint es daher, die aktuellen Entwicklungen auf dem Cannabismarkt ebenso wie auf der Konsumentenseite zu verfolgen, die den Rahmen für diese Diskussion bilden.

Methoden: Zahlen und Analysen des European Monitoring Center for Drugs and Drug Addiction (EMCDDA) in Lissabon werden verwendet, um die Lage und Entwicklungstrends im Umfeld der Cannabisdebatte zu beschreiben. Im Rahmen des Monitoring erhobene Daten aus Bevölkerungsumfragen und anderen Quellen liefern dabei aktuelle Informationen zu Konsum und Behandlungsnachfrage in Europa. Kriminalität in Bezug auf Cannabis bildet sich in Fallzahlen und Beschlagnahmungsmengen ab, während Daten aus einer aktuellen Studie über Drogennotfälle das Bild in Bezug auf Gesundheitsrisiken vervollständigen. Die vorgestellten Daten und Analysen stammen zu einem Großteil aus dem European Drugs Report, der Juni 2015 erscheint.

Ergebnisse: Während der Cannabiskonsum in der EU insgesamt stabil bis sinkend ist, stellt sich die Situation in einzelnen Ländern differenziert dar. Beim Konsum in den letzten 12 Monaten finden sich in aktuellen Surveys rückläufige Prävalenzen bei 7 Mitgliedsstaaten, ein Anstieg in 4 und stabile Verhältnisse in 2 Staaten. Der Anteil täglicher Konsumenten von Cannabis in der Bevölkerung ist seit Jahren ziemlich stabil, die Behandlungsnachfrage hat 2013 wieder leicht zugenommen und befindet sich auf einem historischen Höchststand. Bei Drogennotfällen ist Cannabis an vielen Orten die häufigste Substanz, tritt dabei allerdings oft in Kombination mit anderen Substanzen auf. Auch die Zahl von Beschlagnahmungen und kriminellen Delikten im Zusammenhang mit Cannabis haben zugenommen. Am deutlichsten ist diese Entwicklung in der Türkei. Auch „synthetische Cannabinoide“, die etwa ein Drittel der Neuen Psychoaktiven Substanzen bilden, haben ebenfalls weiter zugenommen. Allerdings ist dies nur ein Nischenmarkt und die Zahl der Delikte für diese Substanzen liegt im Vergleich zu den traditionellen pflanzlichen Cannabisprodukten deutlich unter 5%.

Diskussion: Während die Zahl aktueller Konsumenten tendenziell rückläufig ist, gilt dies offensichtlich nicht für die Zahl der Cannabisklienten in Behandlung. Dies kann eine verzögerte Entwicklung auf der Behandlungsseite widerspiegeln, da im Durchschnitt erst mehr als 5 Jahre nach Konsumbeginn professionelle Hilfe wegen Cannabisproblemen gesucht wird. Es ist jedoch auch möglich, dass die leicht rückläufigen Konsumentenzahlen vor allem Personen betreffen, die Cannabis nur kurzzeitig und wenig intensiv gebrauchen, während die Zahl der Problemkonsumenten weiter zunimmt.