Suchttherapie 2015; 16 - S_13_04
DOI: 10.1055/s-0035-1557548

Umsetzung internationaler Standards in psychiatrischen Einrichtungen, in den Zentren für Psychiatrie Südwürttemberg

H Friederich 1, A Röhm 1, J Grempler 2, G Längle 3
  • 1ZfP Südwürttemberg, Region Alb-Neckar
  • 2ZfP Südwürttemberg, Region Ravensburg-Bodensee
  • 3Zentren für Psychiatrie Südwürttemberg

Einleitung: Patienten mit einer psychischen Erkrankung weisen im Vergleich zur Normalbevölkerung in etwa doppelt so hohe Prävalenzraten (40 – 50%) einer Tabakabhängigkeit auf. Rauchen ist die häufigste vermeidbare Todesursache bei Patienten mit psychischen Erkrankungen und ein wichtiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Erkrankungen und Diabetes. Der hohe Tabakkonsum führt durch die verursachten tabakassoziierten Erkrankungen zu einer bis zu 25 Jahre reduzierten Lebenserwartung (S3 Leitlinie Tabakentwöhnung, 2015). Die Empfehlung in der aktuell publizierten S3 AWMF-Leitlinie „Screening, Diagnostik und Behandlung des schädlichen und abhängigen Tabakkonsums“ lautet daher auch, dass bei Rauchern oder Ex-Rauchern mit psychischer Komorbidität prinzipiell dieselben psychotherapeutischen und medikamentösen Prinzipien angeboten werden sollen wie bei Rauchern ohne zusätzliche psychische Störung – wenn auch unter Berücksichtigung von Besonderheiten und akutem Krankheitsbild der psychischen Störung (ebenda).

Methoden: Zur Verbesserung des Behandlungsangebots für rauchende Patienten haben bisher drei Regionen der Zentren für Psychiatrie Südwürttemberg begonnen, das Konzept des ENSH Global, hier in Deutschland als „rauchfrei plus“ vom Deutschen Netz Rauchfreier Krankenhäuser & Gesundheitseinrichtungen verbreitet, umzusetzen. Das Konzept bietet eine Selbsteinschätzung in 10 Standards mit insgesamt 46 veränderungsaktivierenden Fragen an. Diese Analyse ermöglicht die Identifikation von Handlungsfeldern und eine Priorisierung von Maßnahmen, die nach und nach in den betreffenden Bereichen umgesetzt werden. Je nach Umsetzungsgrad können Zertifikate auf der Basis eines Peer-Review erworben werden. In der Vorbereitung zur Zertifizierung werden alle relevanten Prozesse und Planungen überprüft. Dies führt zu einem Umsetzungsschub, der durch die Rückmeldung des Auditorenteams zielgerichtet unterstützt wird.

Ergebnisse: Zwei von drei Regionen des ZfP Südwürttemberg haben bereits den Silberlevel erreicht. Der Zertifizierungsprozess für die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in der dritten Region ist begonnen und wird gemeinsam mit dem geplanten Zertifizierungsprozess der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik in Reutlingen 2016 abgeschlossen werden. Der Austausch innerhalb der Regionen des ZfP unterstützt die Verbreitung und Umsetzung durch den Transfer von Instrumenten und Erfahrungen im praktischen Vorgehen.

Auf dem Silberlevel werden Nachweise erwartet und geprüft zu

  • einem stabilen Umsetzungsprozess und Unterstützung auf der strategischen Ebene

  • einem wirksamen Nichtraucherschutz

  • Strukturen und Prozessen, die eine systematische Behandlung von rauchenden PatientInnen und eine entsprechende Qualifikation der MitarbeiterInnen unterstützen

  • regelmäßigen internen Evaluationsprozessen, die zur weiteren Anpassung der Maßnahmen führen

  • Maßnahmen zur Förderung der Gesundheit und der Rauchfreiheit sowohl in der eigenen Organisation als auch im regionalen und überregionalen Einflussbereich

Diskussion: Ausgewählte Schritte zur Zertifizierung, notwendige Managementprozesse, Chancen und Grenzen werden vorgestellt.