Die 68er-Generation auf dem Weg zum „Silver Surfer“ – gibt es Internetsucht auch jenseits des 60. Lebensjahres?

Einleitung: Die suchtartige Nutzung von Online-Computerspielen und anderen internetbasierten Angeboten (Onlineglücksspiele, Onlinesexangebote, soziale Netzwerke, Online-Käufe, Chatten) wird in der Forschungsliteratur zu Suchterkrankungen in den letzten Jahren überwiegend im Kindes- und Jugendalter und dem jungen Erwachsenenalter diskutiert. Ein sprunghafter Anstieg der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Störungsbild ‚Internetsucht‘ findet sich in den medizinischen Datenbanken seit der Aufnahme der Forschungsdiagnose „Internet Gaming Disorder“ in das DSM-5 in 2013. Wenig Beachtung in der Forschungslandschaft hat bisher jedoch das Auftreten von exzessivem oder internetsüchtigem Verhalten im höheren Lebensalter gefunden und so wurden auch die medizinischen, psychologischen, therapeutischen und gesundheitspolitischen Folgen einer potentiell problematischen Internetnutzung in dieser Lebensspanne bisher kaum diskutiert.

Methoden: Das Referat soll sich anhand von klinischen Daten der über 60-Jährigen aus der Ambulanz für Spielsucht Mainz und Ergebnissen einer repräsentativen Erhebung zum Internetnutzungsverhalten in der deutschen Gesamtbevölkerung mit dem Nutzungsverhalten Älterer und den spezifischen Suchtrisiken für diese Altersspanne beschäftigen.

Ergebnisse: Behandlungssuchende Ältere (N = 25) aus einer auf die Behandlung von Verhaltenssüchten spezialisierten Ambulanz einer Universitätsmedizin waren erwartungsgemäß männliche Nutzer von Online-Glücksspielen sowie Patienten mit exzessivem Onlinepornografiekonsum im Ruhestand. Besonders häufig konnten in dieser Gruppe manische Episoden, komorbid auftretender Morbus Parkinson und Störungen aus dem schizophrenen Formenkreis identifiziert werden. Die altersspezifische Analyse der Breitenbefragung ergab, dass vor allem kommunikationsbasierte Internetapplikationen und Onlineglücksspielangebote suchtartig genutzt wurden.

Diskussion: Internetsüchtiges Verhalten ist nicht nur ein Problem der Adoleszenz und des jungen Erwachsenenalters: Auch ältere männliche Patienten zeigen suchtbezogenes Internetnutzungsverhalten (Online-Glücksspiele und Online-Pornografieangebote) mit den entsprechenden psychosozialen Folgen. Ansätze zur altersspezifischen Behandlung und Prävention werden im Referat diskutiert.