Suchttherapie 2015; 16 - S_24_03
DOI: 10.1055/s-0035-1557590

Differenzielle Indikation für stationäre Kurzzeitbehandlung, Kombibehandlung und Tagesrehabilitation auf der Grundlage von Rehabilitanden-Management-Kategorien

U Zemlin 1, S Bernert 2, K Spyra 2
  • 1AHG Klinik Wilhelmsheim
  • 2Charité Universitätsmedizin Berlin

Einleitung: Das an der Charité in Kooperation mit Rehakliniken entwickelte Konzept der Rehabilitanden-Management Kategorien (RMK) klassifiziert Rehabilitanden in 4 komplexen Fallgruppen primär nach den reharelevanten psychischen, sozialen und substanzbezogenen Beeinträchtigungen und soll dazu beitragen, die bedarfsgerechte Steuerung rehabilitativer Leistungen in den Kliniken zu optimieren. Die AHG Klinik Wilhelmsheim bietet alle in der Rehabilitation Alkohol- und Medikamentenabhängiger üblichen Behandlungsprogramme an. Für das Klientel dieser Klinik sollte untersucht werden,

  • ob sich die Klientele der Behandlungsansätze Kurzzeit, Kombi, Tagesklinik und Langzeit (Kontrollgruppe) hinsichtlich der Verteilung über die RMK unterscheiden,

  • welche RMK-Patientengruppen in welchem Behandlungsprogramm profitieren und

  • ob sich auf der Basis der Behandlungsergebnisse Empfehlungen für die Zuweisung zu den Behandlungsansätzen formulieren lassen.

Methoden: In einer von der DRV Baden-Württemberg geförderten Studie wurden in einem Kooperationsprojekt mit der Charité Universitätsmedizin Berlin anhand einer Stichprobe von 815 konsekutiven Aufnahmen in der AHG Klinik Wilhelmsheim und der AHG Tagesklinik Stuttgart die oben genannten Fragestellungen untersucht. Als Instrument zur Beschreibung der Klientele nach behandlungsrelevanten Merkmalen wurde das RMK Assessment zu drei Messzeitpunkten eingesetzt: erste, letzte Behandlungswoche, 1-Jahreskatamnese. In vergleichenden Analysen wurden die Behandlungsprogramme ‚Kurzzeit‘, ‚Kombi‘, ‚Tagesklinik‘ jeweils gegen die Kontrollgruppe ‚Langzeit‘ hinsichtlich der RMK-Verteilung und anderer Merkmale verglichen. In der 1-Jahreskatamnese wurde der Erfolg der Behandlungsansätze in Wechselwirkung zu den RMKs nach den Erfolgskriterien Abstinenz und weiterer Erfolgsparameter analysiert.

Ergebnisse: Die RMK-Verteilung differenziert, mit Ausnahme der RMK2, nicht stat. sign. über die Settings. Es zeigen sich jedoch vergleichbare Verteilungsmuster in Langzeit und Tagesklinik bzw. in Kurzzeit und Kombi.

Dabei liegt der Anteil von RMK3 und RMK4 in Langzeit und Tagesklinik über deren Anteil in Kurzzeit und Kombi, während Kurzzeit und Kombi einen höheren Anteil an RMK 2 aufweisen. RMK1 treten in den Behandlungsprogrammen in ähnlicher Häufigkeit auf.

Die stärksten Beeinträchtigungen zeigen sich in der Langzeitbehandlung.

Alle RMK-Gruppen profitieren in ähnlichem Ausmaß von den Behandlungsansätzen.

Keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Bewältigung von familiären, Alltags- und beruflichen Problemen zwischen den Behandlungssettings. Keine Unterschiede zwischen den Behandlungsprogrammen in den Veränderungsverläufen der untersuchten Merkmale.

Diskussion: Das Konzept der RMK ist gut geeignet, um Behandlungsaufwände einzuschätzen. Der klinische Nutzen der RMK für die selektive und adaptive Indikation in der Reha Abhängigkeitskranker wird anhand des Behandlungsspektrums der beiden Einrichtungen diskutiert. Die Behandlungsprogramme zeigen im Vergleich der RMK-Gruppen ein vergleichbar gutes Outcome entlang der erhobenen Erfolgsparameter, was selektive Indikationsentscheidungen erschwert. Das RMK4-Klientel weist deutlich ungünstigere Behandlungsergebnisse auf als die anderen RMK-Gruppen. Ein Anschlussprojekt zur speziellen Versorgung der RMK4-Klientel wird skizziert.