Suchttherapie 2015; 16 - S_27_02
DOI: 10.1055/s-0035-1557599

Lernmechanismen bei Alkoholabhängigkeit: neuronales Korrelat des Pavlovian-to-Instrumental-Transfer in Assoziation mit Rückfall

M Garbusow 1, D Schad 1, E Friedel 1, M Sebold 1, C Sommer 2, M Rapp 3, Q Huys 4, M Smolka 2, U Zimmerermann 2, A Heinz 1
  • 1Charité- Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Psychiatrie
  • 2Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie TU Dresden
  • 3Sozial- und Präventivmedizin, Universität Potsdam
  • 4Translational Neuromodeling Unit, ETH Zürich

Einleitung: Veränderte Lernmechanismen und deren neuronale Korrelate (unter anderem im ventralen Striatum und präfrontalen Kortex als Teile des mesolimbischen Belohnungssystems) spielen bei der Alkoholabhängigkeit vermutlich eine wesentliche Rolle. Inwiefern sich Personen darin unterscheiden, ob ihr Verhalten durch kontextuelle Hinweisreize beeinflusst wird, kann einen wichtigen Risikofaktor für die Aufrechterhaltung einer Alkoholabhängigkeit darstellen. Pavlovian-to-Instrumental-Transfer (PIT) könnte somit ein solches behaviorales Phänomen sein, welches Rückfall bei der Alkoholabhängigkeit erklärt, da es den Einfluss von pawlowschen konditionierten (Kontext-) Reizen auf instrumentelles Verhalten (z.B. Alkoholverlangen und Alkoholkonsum) misst. Die Untersuchung neuronaler Korrelate dieses Verhaltensphänomens ermöglicht darüber hinaus ein verbessertes Verständnis für die neurobiologischen Mechanismen von Rückfall und Lernen.

Methoden: Mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) wird die PIT-Aufgabe in einer Kohorte von Patienten mit einer Alkoholabhängigkeit und gesunden Kontrollen untersucht, um den Einfluss konditionierter Stimuli auf die instrumentelle Antwort zu untersuchen. Die PIT -Aufgabe besteht aus 4 Teilen:

  • instrumentelles Training (probabilistisch durch Geldgewinne belohnt bzw. Geldverlust bestraft);

  • pawlowsche Konditionierung;

  • Transfer (im Hintergrund konditionierte Reize, im Vordergrund instrumentelle Aufgabe);

  • Query trials (Abfrage der Kontingenzen Pawlow'scher Reize).

Ergebnisse: Erste Ergebnisse in einer Kohorte von 31 Patienten und 24 Kontrollen weisen darauf hin, dass wir den PIT-Effekt – eine verstärkte instrumentelle Reaktion im Zusammenhang mit positiv konditionierten pawlowschen Stimuli und eine verminderte Reaktion bei negativ konditionierten Stimuli beobachten können, der vermehrt bei den Patienten auftritt. Neuronal bildet sich dies in einer stärkeren Aktivierung des Nucleus Accumbens ab, bei rückfälligen Patienten im Vergleich zu abstinenten Patienten. Diese Befunde erwarten wir in der Gesamtkohorte von 150 Patienten und 100 Kontrollen zu replizieren.

Diskussion: Durch diese Studie wird unser Verständnis für neuronale Korrelate veränderter Lernmechanismen bei der Aufrechterhaltung einer Alkoholabhängigkeit verbessert. Implikationen für die Prävention von Rückfall können helfen Prävalenz und Schwere der Alkoholabhängigkeit zu senken.