Suchttherapie 2015; 16 - S_34_05
DOI: 10.1055/s-0035-1557630

Kognitive Kontrollfunktionen bei Binge drinking und Alkoholabhängigkeit

S Löber 1, M Czapla 2, J Simon 2, St Herpertz 3, S Herpertz 2, K Mann 4
  • 1Universität Bamberg
  • 2Universitätsklinikum Heidelberg
  • 3LWL-Universitätsklinikum Bochum
  • 4Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Mannheim

Einleitung: Im Verlauf der Entwicklung einer Abhängigkeitserkrankung kommt es zu einem Übergang von genussgesteuerten Konsumgewohnheiten zu stark automatisiertem Verhalten, das durch einen Verlust von kognitiver Kontrolle gekennzeichnet ist. In einer experimentellen Untersuchung mit binge drinkern und in einer klinischen Studie mit alkoholabhängigen Patienten wurde die reizspezifische Beeinträchtigung kognitiver Kontrollfunktionen untersucht und deren Bedeutung für das Rückfallgeschehen nach Behandlung erfasst. Methoden: Binge drinkern und alkoholabhängigen Patienten sowie gesunden Kontrollprobanden wurde eine go-/nogo-Aufgabe mit alkohol-assoziierten Reizen und Kontrollstimuli vorgegeben sowie weitere Aspekte kognitiver Kontrolle mittels neuropsychologischer Tests erfasst. Das Trinkerverhalten der Patienten wurde im Zeitraum von sechs Monaten nach Entlassung aus der Behandlung erfasst.

Ergebnisse: Binge drinker und alkoholabhängige Patienten zeigten eine schlechtere Inhibitionsleitung bei Präsentation alkohol-assoziierter Reize. Patienten zeigten ferner Beeinträchtigungen in den Bereichen der response initiation und dem reversal learning. Im Hinblick auf die Rückfallwahrscheinlichkeit zeigte sich, dass Defizite der Inhibitionsfähigkeit die Wirkung klassischer Rückfallprädiktoren moderieren. So sagte nur bei Patienten mit ausgeprägten Defiziten der Inhibitionsfähigkeit die Anzahl bisheriger Entgiftungen das Auftreten eines Rückfalls signifikant vorher.

Diskussion:

Diese Untersuchungen verdeutlichen die Bedeutung von Beeinträchtigungen kognitiver Kontrolle bei Suchterkrankungen und deuten darauf hin, dass alkoholabhängige Patienten mit vielen vorausgegangen Entgiftungen und Defiziten kognitiver Steuerungs- und Regulationsfunktionen von spezifischen Trainingsmaßnahmen zur Stärkung kognitiver Kontrolle besonders profitieren sollten.