Suchttherapie 2015; 16 - S_39_04
DOI: 10.1055/s-0035-1557652

Internationaler Erkenntnisstand

T Hayer 1, J Kalke 2
  • 1Universität Bremen
  • 2Institut für interdisziplinäre Sucht- und Drogenforschung (ISD)

Einleitung: Die zunehmende Verfügbarkeit von Glücksspielen in Verbindung mit der Erschließung neuer Vertriebskanäle (z.B. über das Internet) hat die Diskussion um zielführende und bedarfsgerechte Konzepte zur Vermeidung der mit dem Glücksspiel assoziierten Suchtgefahren neu befeuert. Während die Evaluationsforschung im Glücksspielbereich in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt (vgl. Kalke & Hayer, in diesem Symposium), finden sich im internationalen Kontext mittlerweile zumindest in einigen Segmenten aufschlussreiche Erkenntnisse darüber, welche Einzelmaßnahmen oder Maßnahmenpakete die Kriterien der Effektivität im Speziellen oder des Nutzens im Allgemeinen erfüllen. Übergeordnetes Ziel des Beitrages ist es, den internationalen Forschungsstand in Bezug auf eine evidenzbasierte Prävention der Glücksspielsucht in komprimierter Weise zusammenzufassen. Darüber hinaus sollen zentrale Evaluationslücken identifiziert und Implikationen für die Befundübertragbakeit auf den nationalen Glücksspielmarkt diskutiert werden.

Methoden: Die Zusammenstellung der Ergebnisse erfolgt auf der Grundlage einer systematischen Literaturrecherche sowie der Aktualisierung vorangegangener Publikationen seitens der Autoren (Buth & Kalke, 2012; Hayer, Rumpf & Meyer, 2014; Kalke, Buth & Hayer, 2012). Um den Rahmen des Vortrages nicht zu sprengen, wird der Schwerpunkt auf wissenschaftlich überprüfte Verfahren aus den Bereichen der selektiven und indizierten Prävention gelegt. Empirische Studien mit hoher methodischer Qualität genießen dabei Priorität.

Ergebnisse: Internationale Evaluationsstudien beziehen sich in erster Linie auf den technischen Spielerschutz (d.h. Eingriffe in die jeweiligen Spielstrukturen und Angebotsformen), Verfahren zur Früherkennung problematischen Spielverhaltens, die Option der Spielsperre, Personalschulungen bzw. Mitarbeitertrainings, generelle Beschränkungen des Tabak- und Alkoholkonsums in Spielstätten sowie Limitierungen (Pre-Commitment) bei Glücksspielangeboten im Internet. Insgesamt lässt sich zum einen festhalten, dass einige Einzelmaßnahmen, wie etwa Personalschulungen, in aller Regel gesetzlich gefordert und entsprechend im Felde häufig anzutreffen sind, unter präventiven Gesichtspunkten jedoch bestenfalls als mäßig wirksam gelten. Zum anderen bringen bestimmte Instrumente, wie etwa die Spielsperre, zumindest kurzfristig substanzielle Positiveffekte mit sich.

Diskussion: Eine ernst gemeinte Glücksspielpolitik ist immer als eine multidimensionale und multifunktionale Aufgabe zu verstehen, die im Sinne eines aufeinander abgestimmten Policy-Mix verschiedene, wissenschaftlich überprüfte Maßnahmen einbindet. Abschließend soll die Bedeutung der vorliegenden Erkenntnisse für die konkrete Ausgestaltung der Präventionspraxis in Deutschland diskutiert werden.