Z Gastroenterol 2015; 53 - KC046
DOI: 10.1055/s-0035-1559436

Das Erythema necroticans migrans als typische Manifestation einer seltenen Erkrankung – Fallbericht eines Glukagonoms bei einer 35-jährigen Patientin

S Galler 1, I Effendy 2, J Feldkamp 3, G Schürmann 1
  • 1Klinikum Bielefeld, Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie, Bielefeld, Deutschland
  • 2Klinikum Bielefeld, Hautklinik, Bielefeld, Deutschland
  • 3Klinikum Bielefeld, Klinik für Allgemeine Innere Medizin, Endokrinologie, Diabetologie, Pneumologie, Infektiologie, Bielefeld, Deutschland

Das Glukagonom ist ein äußerst seltener Tumor, der sich aus den Alphazellen des Pankreas entwickelt und meist maligne verhält. Das vielseitige klinische Erscheinungsbild wird als Glukagonom-Syndrom zusammengefasst, wobei als häufigste Manifestationen das Erythema necroticans migrans (ENM) und ein Gewichtsverlust bei diabetischer Stoffwechsellage angetroffen werden.

Eine 35-jährige Patientin stellte sich initial in der dermatologischen Klinik aufgrund neu aufgetretener erythematöser und erosiver Hautläsionen perioral und an den Akren vor. Zunächst erfolgte eine Zinksubstitution unter dem Verdacht auf eine Acrodermatitis enteropathica. Bei Verschlechterung der Befundes im Verlauf ergab die weiterführende Diagnostik einen deutlich erhöhten Glukagon-Wert im Blut (1220 pg/ml), woraufhin die Abklärung hinsichtlich eines Glukagonoms initiiert wurde. Im MRT und nachfolgend einer Endosonografie zeigte sich ein Tumor im Pankreasschwanz mit Infiltration der Milzgefäße und ein Leberherd im Segment VII. Im interdisziplinären Tumorboard wurde bei technischer Resektabilität beider Befunde die Entscheidung zur primären operativen Therapie getroffen. Wir führten eine Pankreaslinksresektion mit Splenektomie und atypischer Leberresektion durch. Histologisch bestätigte sich das Glukagonom, der Leberherd konnte als Metastase desselben eingeordnet werden. Im Tumorstadium pT3 pN1 pM1 (Hep) lag eine fortgeschrittene Erkrankung vor. Die Patientin erholte sich rasch von dem Eingriff, die präoperativ bestandenen Beschwerden einschließlich des ENM waren zur Entlassung am 14. postoperativen Tag deutlich rückläufig. Im Tumorboard wurde die Empfehlung zur Somatostatin-Rezeptor-Szintigrafie und weiteren Therapie entsprechend des Befundes ausgesprochen.

Der beschriebene Fall eines Glukagonoms spiegelt die in der Literatur beschriebene Problematik wider, dass dieser äußerst seltene Tumor in der Regel erst in einem sehr fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert wird. Die auch hier beschriebene typische Manifestation des Glukagonom-Syndroms, insbesondere das ENM, ermöglicht bei Kenntnis des Krankheitsbildes jedoch eine zielgerichtete Diagnostik und bietet die Chance zur frühzeitigen Therapie.