Geburtshilfe Frauenheilkd 2015; 75 - PO1_6
DOI: 10.1055/s-0035-1559994

Pränatale Diagnose der fetalen Akinesie-Deformations-Sequenz – eine Studie von 79 Fällen

A Hellmund 1, C Berg 1, A Geipel 1, U Gembruch 1
  • 1Abteilung für Geburtshilfe und Pränatale Medizin, Universitätsklinikum Bonn – Bonn (Deutschland)

Einleitung: Die fetale Akinesie-Deformations-Sequenz (FADS) ist eine klinisch und genetisch heterogene Gruppe von fetalen Fehlbildungen, die mit pränatal diagnostizierbaren Gelenkfehlstellungen einhergeht und eine Vielfalt weiterer sonographischer Auffälligkeiten bietet. In der vorliegenden Studie wurde die bislang größte Fallzahl pränatal diagnostizierter Feten auf Häufigkeit und Assoziation betroffener Gelenke und assoziierte Auffälligkeiten hin untersucht.

Methoden: Es wurden 79 Fälle mit Verdacht auf FADS aus 61.996 Schwangerschaften, die zwischen Januar 2001 und Februar 2015 an unser Zentrum für Pränatale Medizin überwiesen wurden, retrospektiv bezüglich der elektronisch gespeicherten Bilddokumentation, der Ultraschallbefunde sowie pathologischer Befunde und Kinderarztberichte hin ausgewertet.

Ergebnisse: Bei den 79 pränatal diagnostizierten Fällen mit FADS wurden in 31,6% (25/79) Konsanguinität, habituelle Aborte oder eine auffällige Familienanamnese für neuromuskuläre Erkrankungen festgestellt. 20,3% (16/79) der Feten waren IUGR. Polyhydramnion oder Fruchtwasser der oberen Norm kamen in 40/79 (51,7%) der Fälle vor. 23 Fälle zeigten keine 13/79 (16,5%) oder minimale 10/79 (12,7%) Magenfüllung. Das Profil war in 58,3% (46/79) der Fälle auffällig, in der Mehrzahl lag eine Mikro- oder Retrogenie vor (32/79). Bezüglich der Gelenkstellung fand sich bei 36/79 (45,6%) eine Fixierung des Ellenbogengelenks in Flexion, in 5/79 (6,3%) in Extension. Eine auffällige Fingerhaltung wurde in 43% (34/79) beobachtet, die Kniegelenke waren in 26,6% (21/79) in Extension fixiert, in 21,5% in Flexion (17/79). In 83,6% der Fälle (66/79) wurden Auffälligkeiten im Sprunggelenk gefunden, die Mehrzahl der Feten hatte bilaterale (59,5%, 47/79) oder unilaterale (7/79) Klumpfüße. 34,2% der betroffenen Feten zeigten eine Thoraxhypoplasie (24/79). Bei 35/79 (44,3%) Feten wurden weitere Fehlbildungen gefunden, in der Mehrzahl Hirnauffälligkeiten (17/79, 21,5%). Die Mehrzahl der Schwangerschaften wurde abgebrochen (68/79), 11 Kinder wurden lebend geboren. Trotz molekulargenetischer Untersuchungen in 9 der 79 Fälle konnte letztlich kein zugrundeliegender Gendefekt gefunden werden, in 2 Schwangerschaften einer Patientin war eine maternale Myasthenie die Ursache.

Schlussfolgerung: Die fetale Akinesie-Deformations-Sequenz beinhaltet verschiedenste sonographische Auffälligkeiten meist Profil, Gelenke und Fingerstellung betreffend und kommt in der Mehrzahl der Fälle sporadisch vor. Thoraxhypoplasie, Hydrops und assoziierte Hirnmalformationen sind prognostische Marker für ungünstiges Outcome. Die zugrundeliegenden molekulargenetischen Defekte sind derzeit selten diagnostizierbar.