Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - FV04_4
DOI: 10.1055/s-0035-1566473

Ein aussergewöhnlicher Fall einer fetalen Megavesika bei Urethralatresie: kann der Fet trotzdem die Blase entleeren?

F Capanna 1, T Roos 2, R Gobet 3, J Wisser 1
  • 1UniversitätsSpital Zürich, Klinik für Geburtshilfe, Zürich, Switzerland
  • 2Klinik Schaffhausen, Frauenklinik, Schaffhausen, Switzerland
  • 3Kinderspital Zürich, Chirurgische Klinik (Urologie), Zürich, Switzerland

Ziel: Schwangerschaftsverlauf und perinatales Outcome bei fetaler Megavesika im ersten Trimenon.

Methodik: Ultraschallbefunde, Vesikozenteseresultate und postpartale Nierenfunktion.

Ergebnis: Eine 39-jährige G6 P5 wird in der 13 + 6 SSW zur Abklärung einer fetalen Megavesika mit bilateraler Nierenbeckendilatation zugewiesen. Zur Abklärung des fetalen Karyotyps und zur Einschätzung der Nierenfunktion erfolgte die Vesikozentese, die bei 14 + 3 SSW und 14 + 6 SSW wiederholt wurde. Die Parameter der Urinanalyse (Cl-, Na+, Osmolarität, b2Mikroglobulin) verbesserten sich im Verlauf. Der Karyotyp war 46,XY.

In der 15 + 4 SSW hat sich die fetale Harnblase wieder auf 50 × 48 × 46 mm gefüllt. Die Patientin verweigerte eine Shunteinlage, wollte jedoch die Schwangerschaft fortsetzen. In der 22 + 3 SSW war die Harnblase auf 29 × 35 × 32 mm geschrumpft bei normaler FW-Menge. Daneben zeigte sich eine Nabelschnurzyste von 42 × 35 mm. In der 23 + 3 SSW war die Harnblase wieder auf 87 × 86 × 73 mm gefüllt. Bei 24 + 4 SSW zeigte sich eine komplett entleerte Harnblase. Nachdem wir keine Miktion über die Urethra nachweisen konnten, haben wir eine Blasenentleerung über den Urachus und eine Ruptur der Nabelschnurzyste postuliert. Im dritten Trimester lagen bei normaler FW-Menge eine normal gefüllte Harnblase und bilateral dilatierte NBKS vor. In der 39 + 1 SSW erfolgte die Spontangeburt eines Knaben mit 3030 g, APGAR 9/10/10 und NApH 7,21. Die kinderurologische Untersuchung ergab eine Urethralatresie, eine vesicoumbilikale Fistel und eine Stauungsnephropathie bds. Es erfolgte eine mehrmalige Bougierung der Urethra und die Einlage eines suprapubischen Katheters sowie eine antibiotische Prophylaxe. Im Alter von 5 Monaten zeigt der Knabe normale Nierenwerte und kann spontan miktionieren.

Schlussfolgerung: Eine fetale Megavesika sollte in der ersten Schwangerschaftshälfte durch eine Vesikozentese abgeklärt werden. Wie der vorliegende Fall zeigt, ist eine Miktion auch über den Urachus und eine rupturierte Zyste möglich.