Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - P12_15
DOI: 10.1055/s-0035-1566725

Ist die vaginale Geburt aus BEL bei Kindern > 3800gr kontraindiziert?

I Voigt 1, H Hürter 1, M Zacharias 1, F Louwen 1
  • 1Universitätsklinik, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Frankfurt am Main, Germany

Fragestellung: Laut den Leitlinien der DGGG gilt ein sonographisches Schätzgewicht von ≥3800gr als relative Kontraindikation für einen vaginalen Entbindungsversuch ohne sichere Evidenz. Wir prüfen die Hypothese ob ein Kindsgewicht ≥3800 g zu einer höheren peripartalen oder neonatalen, sowie maternalen Morbidität nach vaginalem Entbindungsversuch führt.

Methodik: In der hier vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine retrospektive, monozentrische Datenanalyse von Patientinnen mit Einlingsgravidität in BEL ≥37 + 0 SSW, die im Zeitraum vom 01.01.2004 – 31.12.2014 in der Universitätsfrauenklinik Frankfurt am Main entbunden wurden. Ausgewertet wurden das kindliche Geburtsgewicht, Parität, Geburtsmodus inkl. Indikation, arterieller Nabelschnur-pH, kindliches Outcome. Die vaginale Entbindung erfolgte standardisiert in aufrechter maternaler Gebärhaltung. Mütterliche Glucosetoleranzstörungen waren ausgeschlossen.

Ergebnisse: Aus 1300 ausgewerteten BEL-Entbindungen zwischen 2004 und 2014 hatten 182 Kinder ein Geburtsgewicht von ≥3800gr. 71 Patientinnen erhielten eine elektive Sectio (Gruppe 1 – mittleres Kindsgewicht 4280gr, min 3800gr – max 4720gr)

Bei 111 Patienten konnte ein vaginaler Entbindungsversuch unternommen werden; 66 der Patientinnen wurden vaginal entbunden (Gruppe 3 – mittleres KG 4043gr, min 3800 g – max 4550 g).

45 der Patientinnen mussten aus dem Geburtsverlauf heraus per sek. Sectio entbunden werden (Gruppe 2 – mittleres KG 3977 g, min 3800 g – max 5090 g).

Die mittleren Kindsgewichte differierten nicht signifikant, es zeigte sich kein Unterschied im perinatalen oder neonatalen Outcome.

Schlussfolgerung: Auch mit einem erhöhten kindlichen Schätzgewicht kann der Patientin mit BEL in einer spezialisierten Entbindungsklinik die Möglichkeit der vaginalen Entbindung angeboten werden. Das kindliche Schätzgewicht allein scheint keine Indikation zum Abweichen vom initial angestrebten Entbindungsmodus darzustellen.