Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A19
DOI: 10.1055/s-0035-1570056

Vom Endometriom zum Ovarialkarzinom

EP Samartzis 1
  • 1Klinik für Gynäkologie, UniversitätsSpital Zürich

Mutationen im Tumorsuppressorgen ARID1A treten häufig in hellzelligen (ca. 50%) und endometrioiden (ca. 30%) Ovarialkarzinomen auf, welche eine häufige Assoziation zu Endometriose zeigen. Hingegen findet man in serösen high-grade Ovarialkarzinomen, die keine bekannte Assoziation zur Endometriose besitzen, deutlich seltener ARID1A Mutationen. ARID1A Mutationen führen meistens zum Expressionsverlust des codierten Proteins BAF250a, welches eine Untereinheit des Transkriptionskomplexes SWI/SNF ist und so die Expression von hunderten von Genen steuert. Wir konnten zeigen, dass ein kompletter ARID1A Expressionsverlust nicht nur in Karzinomen und direkten Vorläuferläsionen, sondern auch in Endometriomen bei Patientinnen ohne Ovarialkarzinome auftritt und bei Kontrollpatientinnen ohne Endometriose im eutopen Endometrium nicht zu beobachten war (Samartzis et al., Modern Pathology 2012). Kürzlich konnte zusätzlich zur Bestätigung dieser Beobachtungen in Tiermodellen gezeigt werden, dass ein ARID1A Verlust die embryonale Implantation ins Endometrium verunmöglicht und in diesen Fällen zu Sterilität führt (Kim et al., PLOS Genetics 2015).

ARID1A Mutationen treten in hellzelligen und endometrioiden Ovarialkarzinomen, ebenso wie in endometrioiden Endometriumskarzinomen, häufig in Kombination mit Mutationen im PI3K/AKT-pathway auf (v.a. von PIK3CA und PTEN) und finden sich hingegen auffallend selten in Tumoren mit TP53 Mutationen (reviewed in Samartzis et al., IJMS 2013). Wir konnten zeigen, dass Karzinomzellen mit einem ARID1A Verlust von einer Aktivierung des PI3K/AKT-pathways abhängig sind und in vitro hochsensitiv auf eine Behandlung mit PI3K- und AKT-Inhibitoren mit vermehrter Apoptose ansprechen (Samartzis et al., Oncotarget 2014). Dies konnte inzwischen auch in Tiermodellen in vivo bestätigt werden (Chandler et al., Nature Communications 2015; Bitler et al., Nature Medicine 2015). Es konnte zudem in Tiermodellen demonstriert werden, dass ARID1A Mutationen alleine noch nicht zur Entwicklung von Ovarialkarzinomen führen, dass aber zusätzliche Mutationen in PIK3CA oder PTEN in Kombination mit ARID1A Mutationen nötig sind und auch ausreichen für die Entwicklung von hellzelligen, respektive endometrioiden Ovarialkarzinomen (Chandler et al., Nature Communications 2015; Guan et al., JNCI 2014).

Zusammenfassend kann ein ARID1A Verlust teilweise in Endometriosegewebe bei Patientinnen ohne nachweisbare Ovarialkarzinome festgestellt werden und erscheint zudem als ein möglicher Sterilitätsmechanismus bei Endometriosepatientinnen. Ein ARID1A Verlust alleine reicht zur Entstehung von Ovarialkarzinomen nicht aus und benötigt hierzu second-hit Mutationen, wie z.B. in PIK3CA oder PTEN. Ob und inwiefern ein ARID1A-Verlust in Endometriose zu einem erhöhten Risiko für Ovarialkarzinome führt, kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Umgekehrt zeigen Tumorzellen mit ARID1A-Mutationen eine signifikant erhöhte Sensitivität für PI3K- und AKT-Inhibitoren, was im Sinne einer zielgerichteten Therapie gerade in den häufig Platin-resistenten hellzelligen Ovarialkarzinomen von therapeutischem Nutzen sein könnte.