Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - V8
DOI: 10.1055/s-0036-1571370

Erleben und Verarbeiten einer genitalen Dysplasie: eine Longitudinalstudie

O Reich 1, M Dorfer 1, E Nagele 1, J Haas 1, G Trutnovsky 1, E Greimel 1
  • 1Universitätsfrauenklinik Graz

Einleitung: Psychische Aspekte des Erlebens, Ängste, partnerschaftliche und sexuelle Konsequenzen im Zusammenhang mit der Behandlung genitaler Dysplasien wurden bisher wenig untersucht und finden kaum Berücksichtigung in der Bewertung der Behandlungsqualität. Wir berichten patient-reported Outcomes einer longitudinalen follow-up Studie nach 6 und 12 Monaten.

Methoden: Von 01/2012 bis 06/2015 wurden im Rahmen der Dysplasiesprechstunde der Univ. Frauenklinik Graz an 250 Frauen rekrutiert und bei der Erstvorstellung standardisierte Fragebögen zur Erfassung der Progredienzangst (PA-F), der sexuellen Aktivität (Sexual Activity Questionnaire – SAQ) und ihrer Erfahrungen mit einem auffälligen Befund am Gebärmutterhals (Cervical Dysplasia Distress Questionnaire – CDDQ) ausgehändigt. Nach 6 und 12 Monaten wurden die Frauen nochmals postalisch befragt.

Ergebnisse: Patientinnen zeigten zum ersten Erhebungszeitpunkt erhöhte Angstscores und befürchteten negative Auswirkungen der Erkrankung auf verschiedene Lebensbereiche. Affektive Reaktionen (p = 0,001), Ängste bezogen auf Partnerschaft und Familie (p = 0,003), Arbeit und Beruf (p = 0,007) nehmen nach einem Jahr signifikant ab. Sorgen über Beeinträchtigungen des Sexualleben und der Fertilität bleiben jedoch bis zu sechs Monaten bestehen, nehmen aber nach einem Jahr signifikant ab (p = 0,047). Sexuelle Aktivitäten und Zufriedenheit mit dem sexuellen Erleben bleiben von der Erkrankung weitgehend unbeeinflusst (p > 0,05), wenngleich ein beträchtlicher Teil der Frauen über Scheidentrockenheit beim Geschlechtsverkehr berichteten.

Schlussfolgerungen: Negative Aspekte des psychischen Erlebens der Erkrankung an einer genitalen Dysplasie sind am stärksten um den Zeitpunkt der Diagnosemitteilung, persistieren im ersten halben Jahr und nehmen danach kontinuierlich ab.