Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11(03): 212
DOI: 10.1055/s-0036-1580251
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Referat – Erhöhen langwirksame Insulinanaloga das Krebsrisiko?

Authors

  • Andreas Pfützner

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Publikationsdatum:
07. Juli 2016 (online)

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Hintergrund: Beobachtungsstudien, die den Zusammenhang zwischen langwirksamen Insulinanaloga und Krebsinzidenz untersucht haben, kamen bisher zu widersprüchlichen Ergebnissen. J. W. Wu und Kollegen legten nun eine Übersichtsarbeit hierzu vor, in der sie sich vor allem auf methodologische Stärken und Schwächen der Studien konzentrierten.

Methoden: Die Autoren suchten in verschiedenen medizinischen Datenbanken nach Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien, die den Zusammenhang von langwirksamen Insulinanaloga und dem allgemeinen Krebsrisiko oder dem Risiko für spezifische malige Tumoren wie Mamma-, kolorektale oder Prostatakarzinome untersuchten. Als Grundlage wählten sie den Zeitraum von 2000 bis 2014. Sie schlossen englischsprachige Studien ein, die sich bei Patienten mit Diabetes Typ 1 und 2 mit Insulin Glargin und Detemir und jeglicher Krebsinzidenz beschäftigten. Dabei mussten inzidente Karzinome primärer oder sekundärer Endpunkt sein. Bezüglich der Methodologie überprüften sie den Einschluss von aktuell unter der Medikation stehenden Patienten, Insulinpausen, zeitlich bedingte Verzerrungseffekte sowie die Spanne der Beobachtungsdauer zwischen Beginn der Insulintherapie und dem Auftreten von Krebserkrankungen.

Ergebnisse: Insgesamt schlossen die Autoren 16 Kohorten- und 3 Fall-Kontroll-Studien in ihren Analyse ein, die die Einschlusskriterien erfüllten. Alle Studien untersuchten Insulin Glargin, vier zusätzlich Insulin Detemir, die Beobachtungszeit variierte zwischen 0,9 und 7,0 Jahren. In 13 von 15 Arbeiten zeigte sich kein Zusammenhang zwischen Insulin Glargin oder Insulin Detemir und dem Risiko jeglicher Krebserkrankungen. 4 von 13 Studien berichteten jedoch über ein erhöhtes Brustkrebsrisiko unter Insulin Glargin. In der Beurteilung der Studienqualität schlossen 7 Studien Patienten ein, die langwirksame Insulinanaloga bereits benutzten, 11 berücksichtigten keine Therapiepausen, 6 wiesen zeitlich bedingte Verzerrungseffekte auf und 16 hatten kurze Beobachtungszeiträume von weniger als 5 Jahren.

Folgerung: Studien, die den Zusammenhang zwischen langwirksamen Insulin-analoga und dem Krebsrisiko untersuchten, wiesen laut Autoren wichtige methodologische Mängel auf, die die möglichen Schlussfolgerungen einschränken. Damit blieben Unsicherheiten in diesem Zusammenhang weiter bestehen, was vor allem für das Brustkrebsrisiko gelte.

Dr. med. Johannes Weiß, Bad Kissingen