Diabetologie und Stoffwechsel 2016; 11 - P88
DOI: 10.1055/s-0036-1580835

Die Assoziation zwischen Depressivität und schlechter glykämischer Kontrolle wird durch eine reduzierte Diabetes-Selbstbehandlung vermittelt: Eine Strukturgleichungsanalyse

A Schmitt 1, 2, 3, A Reimer 1, 2, 3, N Hermanns 1, 2, 3, B Kulzer 1, 2, 3, D Ehrmann 1, 2, M Krichbaum 1, 2, J Huber 4, T Haak 1, 2
  • 1Diabetes Zentrum Mergentheim, Bad Mergentheim, Germany
  • 2Forschungsinstitut Diabetes Akademie Bad Mergentheim (FIDAM), Bad Mergentheim, Germany
  • 3Deutsches Zentrum für Diabetesforschung (DZD), München, Germany
  • 4Centre for Health Research, University of Brighton, Brighton, United Kingdom

Fragestellung: Die behaviorale Hypothese von Depression und Hyperglykämie besagt, Depressivität sei mit einer reduzierten Diabetes-Selbstbehandlung assoziiert und führe daher zu einer schlechteren Blutzuckereinstellung. Für diese Auffassung gibt es jedoch kaum überzeugende Evidenz. Daher untersuchte die vorliegende Studie Assoziationen zwischen depressiver Stimmung, Diabetes-Selbstbehandlung und Blutzuckereinstellung.

Methodik: 248 Typ-1- und 182 Typ-2-Diabetespatienten (54% weiblich; Alter 47 ± 15 Jahre; BMI 30 ± 10 kg/m2; Diabetesdauer 15 ± 10 Jahre; HbA1c 8,5 ± 1,6%) wurden mittels Fragebögen bezüglich depressiver Stimmung (Allgemeine Depressionsskala) und Diabetes-Selbstbehandlungsverhalten (Diabetes Self-Management Questionnaire) querschnittlich untersucht. Als Maß der Blutzuckereinstellung wurde der HbA1c-Wert bestimmt. Mittels Strukturgleichungsanalyse wurde getestet, ob die Assoziation zwischen depressiver Stimmung und Blutzuckereinstellung durch eine reduzierte Diabetes-Selbstbehandlung mediiert wird (separate Analysen für Typ-1- und Typ-2-Diabetes).

Ergebnisse: Das hypothetische Modell von depressiver Stimmung, Diabetes-Selbstbehandlung und Blutzuckereinstellung zeigte bei beiden Patientengruppen gute Passung (SRMR≤0,026; CFI≥0,999; TLI≥0,998; RMSEA≤0,012). Sowohl bei Typ-1- als auch Typ-2-Diabetes war depressive Stimmung mit einer geringeren Diabetes-Selbstbehandlung assoziiert (β=-0,25 bzw. -0,42, beide P< 0,001), und geringere Diabetes-Selbstbehandlung mit höheren HbA1c-Werten (β=-0,56 bzw. -0,50, beide P< 0,001). Die Analyse zeigte signifikante indirekte Assoziationen zwischen depressiver Stimmung und HbA1c, vermittelt durch die Diabetes-Selbstbehandlung, von β= 0,14 bei Typ-1- und β= 0,21 bei Typ-2-Diabetes (beide P< 0,001). Signifikante direkte Assoziationen zwischen depressiver Stimmung und Blutzuckereinstellung zeigten sich nicht, was für eine vollständige Mediation durch die Selbstbehandlung spricht.

Schlussfolgerungen: Die Untersuchung zeigte überzeugende querschnittliche Evidenz für die behaviorale Hypothese von Depression und Hyperglykämie. Die Befunde sprechen dafür, dass die Assoziation zwischen Depression und schlechterer Blutzuckereinstellung bei Diabetes durch eine reduzierte Selbstbehandlung vermittelt wird.

Unterstützt vom Deutschen Zentrum für Diabetesforschung (DZD).