Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P16
DOI: 10.1055/s-0036-1583789

Erste Erfahrungen mit dem neuen oralen Gerinnungshemmer Rivaroxaban in der Schwangerschaft

WE Paulus 1
  • 1Institut für Reproduktionstoxikologie, Oberschwabenklinik, KH St. Elisabeth, Ravensburg

Zielsetzung: Rivaroxaban wurde im Jahr 2008 als erster Wirkstoff aus der Gruppe der direkten Faktor-Xa-Inhibitoren zugelassen. Diese neuen oralen Antikoagulantien sollen die Thromboseprophylaxe gegenüber den parenteral applizierbaren Heparinen und den oral eingesetzten Vitamin-K-Antagonisten (z.B. Phenprocoumon) vereinfachen. Nach Angaben der FDA zeigten Tierversuche mit Ratten und Kaninchen eine Abnahme der Anzahl lebensfähiger Nachkommen unter 41-facher humantherapeutischer Dosis von Rivaroxaban. Bei klinisch relevanten Plasmakonzentrationen wurde ein vermehrtes Auftreten von spontanen Fehlbildungen sowie Veränderungen der Plazenta in Experimenten mit graviden Ratten beobachtet. Aufgrund der geringen Erfahrungen rät der Hersteller von einer Anwendung in der Schwangerschaft ab.

Methoden: Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2010 und 2015 10 Schwangerschaftsausgänge nach Anwendung von Rivaroxaban in der Frühgravidität dokumentiert. Nach Feststellung der ungeplanten Schwangerschaften wurde unser Zentrum von den betreuenden Fachärzten im Hinblick auf teratogene Risiken kontaktiert.

Ergebnisse: Drei Patientinnen entschieden sich aufgrund der insuffizienten Datenlage zum Schwangerschaftsabbruch. Sieben Schwangerschaften wurden fortgeführt, wobei die Behandlung mit Rivaroxaban zwischen SSW 2/3 und SSW 7/2 beendet wurde (Median: SSW 5/3). Die Rivaroxaban-Tagesdosis lag zwischen 10 und 30 mg. Nach Feststellung der Schwangerschaft erfolgte die Umstellung der Antikoagulation auf niedermolekulare Heparine (n = 6) bzw. Fondaparinux (n = 1). Nach komplikationslosem Schwangerschaftsverlauf wurden sieben gesunde Kinder geboren (Spontangeburt: n = 5, Sectio: n = 2). Das Geburtsgewicht der 5 Mädchen und 2 Jungen lag zwischen 3.170 g und 4.300 g (Median: 3.800 g) bei einem Geburtstermin zwischen SSW 38/1 und SSW 41/5 (Median: SSW 39/5).

Schlussfolgerung: Unsere prospektive Followup-Studie ließ kein teratogenes Potential von Rivaroxaban erkennen. Allerdings sollte aufgrund der begrenzten Datenlage vor Eintritt einer geplanten Schwangerschaft auf erprobte Alternativen der Antikoagulation zurückgegriffen werden.