Pneumologie 2016; 70 - A3
DOI: 10.1055/s-0036-1584379

Viral-bakterielle Interaktionen bei Erkrankungen im Respirationstrakt unterschiedlicher Haustiere

T Vahlenkamp 1, C Baums 2
  • 1Institut für Virologie
  • 2Institut für Bakteriologie und Mykologie, Zentrum für Infektionsmedizin, Veterinärmedizinische Fakultät, Universität Leipzig

Viral-bakterielle Koinfektionen sind im Respirationstrakt bei den unterschiedlichsten Haustieren von großer Bedeutung. Es handelt sich in der Regel um infektiöse Faktorenerkrankungen. Beispiele sind die canine Tracheobronchitis (Zwingerhusten des Hundes) oder die bovinen und porcinen respiratorischen Erkrankungskomplexe. Sie führen zu einem erheblichen Einsatz an Antibiotika, verursachen große wirtschaftliche Schäden und beeinträchtigen das Tierwohl zum Teil schwer. Hiermit soll an ausgewählten Beispielen aufgezeigt werden, dass Koinfektionen häufig mit immunmodulatorischen Wirkungen des primären Agens bzw. mit spezifischen Interaktionen der Erreger in Verbindung stehen. Das porcine reproductive and respiratory syndrome virus (PRRSV) repliziert in Makrophagen und moduliert deren Funktion sowohl hinsichtlich der angeborenen als auch der adaptiven Immunantwort. Dies führt zu einer erheblichen Prädisposition der infizierten Schweine für bakterielle Sekundärinfektionen, z.B. durch invasive Streptococcus (S.)-suis-Stämme, die bei vielen gesunden Schweinen auf der respiratorischen Schleimhaut vorkommen. PRRSV-Ausbrüche bestimmen nicht nur die Epidemiologie der S.-suis-Infektionen beim Schwein, sondern können auch zu einem vermehrten Auftreten von S.-suis Übertragungen auf den Menschen führen, wie dies kürzlich in Vietnam beobachtet wurde. Ein weiteres Beispiel für spezifische pathogenetische Interaktionen zwischen viralen und bakteriellen Erregern stellt ebenfalls die Koinfektion von Schweine Influenza Virus (SIV) und S. suis Serotyp 2 im Respirationstrakt dar. S. suis Serotyp 2 zeigt grundsätzlich nur eine sehr geringe Adhärenz an respiratorische Epithelzellen. Kommt es aber zu einer Infektion dieser Zellen mit SIV, folgt eine starke Zunahme der Adhärenz von S. suis Serotyp 2. Diese vermehrte bakterielle Anheftung steht mit der Sialinsäure-haltigen Kapsel dieser Bakterien in Zusammenhang. Vermutlich bindet die Sialinsäure an das virale Hämagglutanin auf der Oberfläche der SIV-infizierten Wirtszellen. Abschließend ist festzuhalten, dass viral-bakteriellen Koinfektionen im Respirationstrakt häufig spezifische Mechanismen zu Grunde liegen und dass ein besseres Verständnis dieser Mechanismen zu neuen Strategien zur Prophylaxe und Therapie dieser wichtigen Erkrankungen unserer Haustiere führen kann.