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DOI: 10.1055/s-0036-1584453
Qualität pflanzlicher Extrakte zur Verwendung in Arzneimitteln: Was ist zu beachten?
Pflanzliche Arzneimittel müssen grundsätzlich dieselben Qualitätsanforderungen erfüllen wie alle anderen Arzneimittel auch. So enthält das Europäische Arzneibuch (Ph. Eur.) für pflanzliche Ausgangsstoffe und Zubereitungen (z.B. Extrakte) die grundlegenden Regeln für die Qualität sowie die Methoden zur entsprechenden Prüfung, wobei insbesondere die allgemeine Monografie „Herbal drug extracts“ mit ihren unterschiedlichen Gruppen von Extrakten (standardisierte, quantifizierte, „andere“ Extrakte) [1] zu erwähnen ist. Für die Zulassung/Registrierung gibt es zahlreiche Empfehlungen in den einschlägigen Leitlinien des Herbal Medicinal Products Committee (HMPC) der europäischen Zulassungsagentur EMA in Bezug auf die Qualität pflanzlicher Arzneimittel und ihrer Ausgangsstoffe bzw. Wirkstoffe.
Zusätzlich werden an pflanzliche Ausgangsstoffe und Zubereitungen (z.B. Extrakte) aufgrund ihres speziellen Charakters als Naturstoffe besondere Reinheitsanforderungen gestellt. Diese gelten in erster Linie für die pflanzliche Droge, können aber in bestimmten Fällen auch für den Extrakt relevant sein [1]. Hierzu gehören u.a. das Kapitel 2.8.13 („Pestizidrückstände“) der Ph.Eur. [2], die Verordnung (EG) 396/2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen [3], die Schwermetalle-Grenzwerte in der allgemeinen Monografie „Herbal drugs“ der Ph.Eur. [4] sowie deren Kapitel 5.1.8 über die mikrobiologische Reinheit [5] von pflanzlichen Arzneimitteln/Extrakten und 2.8.18 über Aflatoxinprüfungen [6]. Im Lebensmittelbereich wird für die Beurteilung von Kontaminanten die Verordnung Nr. 1881/2006 [7] herangezogen, die neben Grenzwerten für verschiedene Mykotoxine u.a. auch solche für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe enthält.
Im Juli 2013 wurde mit der Veröffentlichung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) [8] zum Vorkommen von Pyrrolizidinalkaloiden (PA) in Handelsproben von Lebensmitteltees und z.T. Arzneitees deutlich, dass PA auch als durch Beikräuter (z.B. Senecio) verursachte Kontamination in pflanzlichem Material auftreten können. Diese Publikation hat die Phytopharmaka-Hersteller veranlasst, unter dem Dach der Verbände Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller e.V. (BAH) und Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) gemeinsam Maßnahmen zu initiieren, um PA-Kontaminationen so schnell und so weit wie möglich zu reduzieren. Ein zentrales Instrument dazu ist der Aufbau einer Datenbank zur Sammlung und Auswertung von Befunden zu PA-Kontaminationen in Drogen, Extrakten und Urtinkturen, an der sich mehr als 30 Firmen beteiligen. Eine weitere Initiative stellt der „Code of Practice zur Vermeidung und Verringerung von Kontaminationen pflanzlicher Arzneimittel mit Pyrrolizidinalkaloiden“ dar, der in Zusammenarbeit mit Vertretern des Deutschen Fachausschusses für Arznei-, Gewürz- und Aromapflanzen (DFA) erarbeitet worden ist. Diese Empfehlung bildet einen Rahmen für individuelle Maßnahmen im pharmazeutischen Unternehmen entlang der einzelnen Prozessschritte vom Anbau über die Herstellung des Wirkstoffs (z.B. Extrakt) bis hin zur Herstellung des Fertigarzneimittels.
Das HMPC hatte am 22. Dezember 2014 das finale „Public Statement“ zur Beurteilung von PA-haltigen pflanzlichen Arzneimitteln [9] publiziert. Dieses kommt zu dem Schluss, dass die Exposition gegenüber PA so gering wie möglich zu halten ist und setzt eine tägliche Höchstmenge von 0,35 µg PA an. Die Bekanntmachung des BfArM vom 1. März 2016 [10] nimmt darauf Bezug und fordert, dass die pharmazeutischen Unternehmer produktspezifisch die Qualitätskontrolle unter Berücksichtigung der vorliegenden Daten definieren. Für den Umfang der analytischen Prüfungen sind 3 Kategorien zu berücksichtigen mit den Klassen A ≤0,1 µg, B ≤0,35 µg, C ≤1,0 µg PA bezogen auf die Tagesdosis.
[1] Herbal drugs extracts, general monograph 0765. Ph.Eur. 8th ed. Strasbourg, France: Council of Europe; 2013
[2] Pesticide residues, general chapter 2.8.13. Ph.Eur. 8th ed. Strasbourg, France: Council of Europe; 2013
[3] Verordnung (EG) Nr. 396/2005 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Februar 2005 über Höchstgehalte an Pestizidrückständen in oder auf Lebens- und Futtermitteln pflanzlichen und tierischen Ursprungs und zur Änderung der Richtlinie 91/414/EWG des Rates. Amtsblatt der Europäischen Union L 70/1; 16. März 2005
[4] Herbal drugs, general monograph 1433. Ph.Eur. 8th ed. Strasbourg, France: Council of Europe; 2013
[5] Microbiological quality of herbal medicinal products for oral use and extracts used in their preparation. General chapter 5.1.8. Ph.Eur. 8th ed. Strasbourg, France: Council of Europe; 2013
[6] Determination of aflatoxin B1 in herbal drugs. General chapter 2.8.18. Ph.Eur. 8th ed. Strasbourg, France: Council of Europe; 2013
[7] Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 der Kommission vom 19. Dezember 2006 zur Festsetzung der Höchstgehalte für bestimmte Kontaminanten in Lebensmitteln. Amtsblatt der Europäischen Union L 364/5. 20. Dezember 2006
[8] BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) 2013: Pyrrolizidinalkaloide in Kräutertees und Tees. Stellungnahme 018/2013 des BfR vom 5. Juli 2013. www.bfr.bund.de
[9] HMPC Public Statement on the Use of Herbal Medicinal Products Containing Toxic, Unsaturated Pyrrolizidine Alkaloids (PAs). 24 November 2014
[10] Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). Bekanntmachung zur Prüfung des Gehalts an Pyrrolizidinalkaloiden zur Sicherstellung der Qualität und Unbedenklichkeit von Arzneimitteln, die pflanzliche Stoffe bzw. pflanzliche Zubereitungen oder homöopathische Zubereitungen aus pflanzlichen Ausgangsstoffen als Wirkstoffe enthalten. Bonn: BfArM; 1. März 2016