Z Gastroenterol 2016; 54 - KV455
DOI: 10.1055/s-0036-1587231

Inzidenz und Verlauf der akuten massiven gastrischen Dilatation (AMGD) im Rahmen unerkannter Essstörungen

S Hasenhütl 1, P Khalil 1, M Rentsch 1, S Pratschke 1, P Ganschow 1, W Thasler 1, J Werner 1, A Kleespies 1
  • 1Klinikum der Universität München, Klinik für Allgemeine, Viszeral-, Gefäß- und Transplantationschirurgie, München, Deutschland

Einleitung: Akute massive gastrische Dilatationen (AMGD) stellen sehr seltene aber nicht selten lebensbedrohliche Komplikationen chronischer Essstörungen dar. Sie sind gekennzeichnet durch eine massive Überdehnung des Magens mit Ausfüllen der gesamten Bauchhöhle. In der Notfallsituation ist die chirurgische gegenüber einer konservativen Therapie abzuwägen und eine differentialdiagnostische Abklärung der Ursachen durchzuführen.

Ziele/Methodik: Evaluation des eigenen Patientenguts der chirurgischen Notaufnahme eines Maximalversorgers und Literaturvergleich.

Ergebnisse: In einem 5-J Zeitraum konnten 3 Fälle einer lebensgefährlichen AMGD im Zusammenhang mit chronischen Essstörungen identifiziert werden. In allen Fällen handelte es sich um junge Frauen, deren Essstörung noch nicht diagnostiziert war. Jeweils kam es unmittelbar vor der Notfalleinweisung zu einer Essattacke (binge-eating episode). In allen Fällen war selbstinduziertes Erbrechen nicht mehr erfolgreich. Zwei der drei Fälle konnten konservativ (endoskopische Absaugung, medikamentöse Stimulation) therapiert werden. In einem Fall war bei V.a. Magenperforation die Notfalllaparotomie, Dekompression und eine manuelle Ausräumung von 7 kg unverdauter Nahrung notwendig. Die differentialdiagnostische Abklärung erfolgte mittels Computertomografie und im Verlauf mittels Endoskopie und Kontrastmittelschluck. Organische Ursachen (Tumorerkrankungen, Magenausgangsstenosen, Arteria-mesenterica-superior-Syndrom) konnten in allen Fällen ausgeschlossen werden.

Abb. 1: Koronare CT Schichten der AMGD

Schlussfolgerung: Chirurgische Interventionen bei AMGD sind im Literaturvergleich relativ selten notwendig (Magenwandnekrose, Perforation, abdominelles Kompartment), dann jedoch mit einer Mortalität von 80% verbunden. Nach Ausschluss organischer Ursachen ist eine akut-psychiatrische Abklärung unabdingbar und die Einleitung einer Psychotherapie bereits unter stationären Bedingungen anzustreben. Nur so sind fatale Verläufe wie in der Literatur beschrieben zu verhindern.