Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P426
DOI: 10.1055/s-0036-1592868

Schwangerschaft bei funktionell univentrikulärem Herz der Mutter – Strukturelle Voraussetzungen zur Betreuung dieser Hochrisikoschwangerschaften

D Tomlinson 1, C Deppe 1, H Kaemmerer 2, R Polanetz 3, B Heineking 3, M Delius 1, J Köhm 1, F Kur 4, S Herber-Jonat 5, V von Dossow 6, C Hübener 1, S Mahner 1, U Hasbargen 1
  • 1Klinik und Poliklinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der LMU München – Campus Großhadern, München, Deutschland
  • 2Klinik für Kinderkardiologie und angeborene Herzfehler des Deutschen Herzzentrum München, Klinik an der Technischen Universität München, München, Deutschland
  • 3Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU München, Abteilung Kinderkardiologie und pädiatrische Intensivmedizin, Campus Großhadern, München, Deutschland
  • 4Herzchirurgische Klinik und Poliklinik der LMU München, Campus Großhadern, München, Deutschland
  • 5Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der LMU München, Neonatologie der Kinderklinik am Perinatalzentrum der LMU München, Campus Großhadern, München, Deutschland
  • 6Klinik für Anästhesiologie der LMU München, Campus Großhadern, München, Deutschland

Zielsetzung: Eine Schwangerschaft bei maternalem univentrikulären Herz stellt für Mutter und Fetus eine Hochrisikosituation dar. Die etwa 90 weltweit publizierten Schwangerschaften sind durch die Komplexität der Befunde sehr heterogen. Thrombembolien, Rhythmusstörungen, Myokardversagen und Letalität sind mütterliche, Aborte und Frühgeburtlichkeit fetale Risiken.

Methoden: Die 33-jährige Erstgravida wurde erstmals in der 14. SSW vorgestellt. Sie hat ein funktionell univentrikuläres linkes Herz (double outlet left ventricle) im Zustand nach modifizierter Fontan-Operation und Fontan-Konversion. Kardial bestand eine gute Pumpfunktion mit guter Belastbarkeit ohne Dyspnoe. Die Patientin war marcumarisiert im Z.n. HIT (Heparin-induzierte-Thrombozytopenie) und TIA (transitorisch-ischämische-Attacke), zusätzlich bestand eine Thrombozytopenie.

Ergebnisse: Ambulant erfolgte die gemeinsame Betreuung von Geburtshelfern und EMAH (Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern)-Kardiologen.

Bei Plazentahämatom und Blutungen wurde die Patientin in der 15. SSW und erneut ab 25+1 SSW für insgesamt 13 Wochen interdisziplinär stationär überwacht.

Wöchentliche kardiologische Kontrollen zeigten eine stabile Ejektionsfraktion von 52 – 68% trotz subjektiver intermittierender Palpitationen und Dyspnoe. Wegen massiver Ängste war eine psychologische Mitbetreuung nötig. Die fetale Entwicklung war regelhaft.

Die Entscheidung zur Sectio bei 33+4 SSW wurde im interdisziplinären Konsens nach Risikoabwägung elektive Sectio in einer Marcumarpause versus Notfallentbindung getroffen. Unter Herz-Lungen-Maschinen-Bereitschaft wurde in Intubationsnarkose im herzchirurgischen OP nach vorheriger Kanülierung der Leistengefäße ein eutropher Junge geboren.

Mutter und Kind wurden postoperativ über 3 Wochen auf der kinderkardiologischen Intensivstation betreut.

Zusammenfassung: Die Betreuung einer Schwangeren mit univentrikulärem Herz stellt eine Höchstrisikokonstellation dar. Unter interdisziplinärer Zusammenarbeit von EMAH-Kardiologen/-Intensivmedizinern, Herzchirurgen, Neonatologen, Psychologen, Kardioanästhesisten und Geburtshelfern war eine erfolgreiche Betreuung während Schwangerschaft, Sectio im herzchirurgischen Stand-by und intensivmedizinischer postpartaler sowie postnataler Überwachung möglich.