Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P455
DOI: 10.1055/s-0036-1592897

Der Einfluss von prägravidem Übergewicht/Adipositas bei Gestationsdiabetes auf das Geburtsgewicht – „Early Charité“-Kohortenstudie (EaCH)

J Stupin 1, A Loui 2, R Ott 1, E Eilers 2, K Melchior 1, B Arabin 3, 4, W Henrich 1, A Plagemann 1
  • 1Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Deutschland
  • 2Charité-Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Neonatologie, Berlin, Deutschland
  • 3Universitätsklinikum Marburg, Klinik für Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Marburg, Deutschland
  • 4Clara Angela Foundation, Witten, Deutschland

Zielsetzung: Der Gestationsdiabetes (GDM) ist eine der häufigsten Schwangerschaftserkrankungen. Die weltweit steigende Prävalenz (Deutschland: 4,4%) ist u.a. der zunehmenden Anzahl von Schwangeren mit prägravidem Übergewicht/Adipositas oder zu hoher Gewichtszunahme zuzuschreiben. Auch sind GDM und Übergewicht/Adipositas unabhängig voneinander mit erhöhtem Geburtsgewicht (large for gestational age = LGA) und nachteiligen gesundheitlichen Folgen im späteren Leben assoziiert. Der zusätzliche Einfluss von Übergewicht/Adipositas auf das Geburtsgewicht soll untersucht werden.

Material und Methoden: Die „Early Charité“-Kohortenstudie (EaCH) untersucht prospektiv das Kurz- und Langzeit-Outcome von 205 Schwangeren, bei denen durch einen 75-g-oGTT ein GDM diagnostiziert wurde, und deren Nachkommen. Alle Schwangeren führten eine Ernährungs- und Bewegungstherapie durch, 36% erhielten zusätzlich Insulin. Innerhalb des Schwangerenkollektivs wurden abhängig vom prägraviden BMI zwei Gruppen gebildet (Normal- vs. Übergewicht/Adipositas) und miteinander verglichen.

Ergebnisse: Im Gesamtkollektiv mit GDM waren n = 89 Schwangere normalgewichtig (43%) und n = 116 (57%) übergewichtig/adipös. 18,5% aller Neugeborenen hatten ein Geburtsgewicht > 90. Perzentile (LGA). Zwischen Neugeborenen von übergewichtigen/adipösen und normalgewichtigen Schwangeren bestand eine Gewichtsdifferenz von 192 g (p = 0,02). Die Prävalenz von LGA war in der Gruppe der übergewichtigen/adipösen Gestationsdiabetikerinnen signifikant größer als in der Gruppe mit Normalgewicht (25 vs. 10%, p < 0,01). Kein signifikanter Unterschied bestand bei SGA (small for gestational age) -Neugeborenen (4,3 vs. 4,5%, p = 0,5).

Schlussfolgerungen: Die Kombination aus prägravidem Übergewicht/Adipositas und GDM ist für einen deutlich höheren Anteil von LGA-Neugeborenen verantwortlich als GDM allein. Eine rechtzeitige prägravide Intervention zur Erreichung eines normalen Ausgangsgewichts könnte nicht nur die Prävalenz des GDM verringern, sondern auch die Gesundheit der Nachkommen verbessern. Dafür sprechen auch epidemiologische Langzeituntersuchungen sowie tierexperimentelle Studien.