Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - P535
DOI: 10.1055/s-0036-1593212

Postpartale transiente Osteoporose der Hüftgelenke nach selektivem Fetozid bei Geminigravidität

E Miller 1, C Morfeld 1, R Schild 1
  • 1Diakovere Henriettenstiftung, Frauenklinik, Hannover, Deutschland

Fallbericht: Eine 40-jährige Erstgravida wurde erstmalig in der 33. SSW bei dichorialer diamnioter Geminigravidität aufgrund gesicherter Trisomie 21 mit assoziiertem Fehlbildungssyndrom eines Feten vorstellig. Nach Beratung im Rahmen der Ethikkommission erfolgte in der 34. SSW ein selektiver Fetozid.

Mit 36+1. SSW wurde bei vorzeitigem Blasensprung eine sekundäre Sectio caesarea durchgeführt. Am 3. postoperativen Tag klagte die Patientin über stärkste Schmerzen in der rechten Hüfte, die Mobilisation war nur mit Gehhilfen möglich. Ein MRT des Beckens beschrieb das typische Knochenmarksödem der Femurköpfe, rechts deutlicher als links. Die Patientin erhielt physiotherapeutische Anbindung zur schmerzadaptierten Mobilisation, Analgesie, Thromboseprophylaxe mit niedermolekularem Heparin, orale Substitution mit Calzium 2000 mg/Vitamin D 800 mg und medikamentöse Laktationshemmung. Die Entlassung in die ambulante Betreuung erfolgte bei Wohlbefinden am 9. postoperativen Tag. Eine Knochendichtemessung ist nach 6 Monaten geplant.

Diskussion: Die transiente schwangerschaftsassoziierte Osteoporose (TOP) ist eine seltene, akut auftretende, im Krankheitsverlauf sich selbst limitierende Störung des Knochenstoffwechsels des dritten Trimenon, deren Ätiologie und Pathophysiologie bislang ungeklärt ist. Die Erkrankung äußert sich durch akut auftretende stärkste Schmerzen, vorwiegend der Hüftgelenke, die in bis zu 30% der Fälle bilateral betroffen sind. Die bewegungsabhängigen Beschwerden führen typischerweise zu schmerzbedingter Immobilisation. Diagnostische Untersuchung der Wahl ist das MRT, welches den Nachweis früher Veränderungen im Sinne eines lokalen Knochenmarksödem ermöglicht. Seit der Erstbeschreibung 1959 werden als Komplikation wiederholt Frakturen von zumeist Femurhals beschrieben. Die konservative Therapie besteht in Analgesie, schmerzadaptierter Mobilisation sowie Vitamin D/Calcium-Supplementation. Vereinzelt werden Therapieansätze mit Bisphosphonaten sowie Calcitonin beschrieben. Der Krankheitsverlauf führt zumeist zur restitutio ad integrum nach 3 – 12 Monaten.