Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 379-395
DOI: 10.1055/s-0037-1600053
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Afamin – Ein früher Indikator für Schwangerschaftskomplikationen

A Enekwe
1   Universität Essen, Gynäkologie und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
,
P Mach
1   Universität Essen, Gynäkologie und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
,
B Schmidt
2   Universität Essen, Institut für medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Essen, Deutschland
,
C Birdir
1   Universität Essen, Gynäkologie und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
,
A Iannaccone
1   Universität Essen, Gynäkologie und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
,
R Kimmig
1   Universität Essen, Gynäkologie und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
,
H Dieplinger
3   Universität Innsbruck, Genetische Epidemiologie, Innsbruck, Österreich
,
A Köninger
1   Universität Essen, Gynäkologie und Geburtshilfe, Essen, Deutschland
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
06. April 2017 (online)

 

Fragestellung:

Oxidativer Stress stellt einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und das metabolische Syndrom dar, ist mit Adipositas, Insulinresistenz und Schwangerschaftskomplikationen assoziiert. Vitamin E ist ein bedeutsames Antioxidans und wird im Plasma an sein Bindeprotein Afamin gebunden. Erhöhte Afaminserumspiegel konnten bei Insulinresistenz, Adipositas, Hypertension und Hyperlipidämie nachgewiesen werden. Afamin könnte somit einen Indikator für oxidativen Stress und damit assoziierte Schwangerschaftskomplikationen darstellen.

Methoden:

Bei 271 Frauen zwischen 19 und 45 Jahren mit 264 Einlings- und 7 Zwillingsschwangerschaften wurde zwischen 2002 und 2015 im ersten Trimenon zwischen der 11+0. – 13+6- Schwangerschaftswoche Serum asserviert, zentrifugiert und bei -80 °C eingefroren. Alle Frauen wurden in der Universitätsfrauenklinik Essen behandelt. Afamin wurde mittels individuell gefertigtem Sandwich-ELISA (MicroCoat Biotechnologie, Bernried, Germany) in der Sektion für medizinische Epidemiologie der medizinischen Universität Innsbruck bestimmt. Die statistischen Analysen erfolgten mit dem Mann-Whitney U-Test und logistischer Regressionsanalyse.

Ergebnisse:

21 Patientinnen (medianes Alter 32 Jahre, IQR 31 – 36) entwickelten im Laufe ihrer Schwangerschaft eine Präeklampsie und wurden mit 98 Kontrollpatientinnen (medianes Alter 33 Jahre, IQR 30 – 37) verglichen. Beide Gruppen unterschieden sich signifikant im BMI mit 25,1 kg/m2 (IQR 23,1 – 34,9) bei Präeklampsie und 22,9 kg/m2 (IQR 20,9 – 25) bei Kontrollen (p = 0,003). Afamin war im ersten Trimenon signifikant höher bei Frauen, die im Laufe ihrer Schwangerschaft eine Präeklampsie entwickelten verglichen mit Frauen, die eine unauffällige Schwangerschaft hatten (p = 0,001). Nach Adjustierung für Alter, BMI, PAPP-A und PIGF blieb der signifikante Unterschied bestehen (p = 0,02).

62 Patientinnen entwickelten im Laufe ihrer Schwangerschaft einen GDM, davon wurden 25 Frauen diätetisch behandelt (dGDM; medianes Alter 36 Jahre, IQR 29 – 37) und 37 Frauen wurden insulinpflichtig (iGDM; medianes Alter 36 Jahre, IQR 32 – 39). 90 Patientinnen dienten als Kontrollen (medianes Alter 33 Jahre, IQR 29,25 – 36). Frauen mit einem iGDM hatten einen signifikant höheren BMI mit 29,5 kg/m2 (IQR 27,6 – 37) als Frauen mit dGDM (BMI 24,85 kg/m2 (IQR 22,25 – 30,65)) (p = 0,003) und Kontrollen (BMI 24,75 (IQR 22,23 – 37,38)) (p < 0,0001).

Afamin war im ersten Trimenon signifikant höher bei Frauen, die im Laufe ihrer Schwangerschaft einen iGDM entwickelten verglichen mit Frauen, die einen diätetisch eingestellten GDM entwickelten (p =< 0,0001) und die eine unauffällige Schwangerschaft hatten (p = 0,01). Nach Adjustierung für Alter und BMI blieb der signifikante Unterschied im Afaminspiegel zwischen Frauen mit dGDM und iGDM bestehen (p ≤ 0,001).

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Abb. 1
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Abb. 2

Schlussfolgerung:

Afamin war im ersten Trimenon bei Frauen, die eine Schwangerschaftskomplikation wie einen insulinpflichtigen Gestationsdiabetes und/oder eine Präeklampsie entwickelten, signifikant höher als bei Frauen, die eine komplikationslose Schwangerschaft hatten. Am ehesten widerspiegelt das erhöhte Afamin einen Zustand oxidativen Stresses.

Frauen, die einen insulinpflichtigen Gestationsdiabetes entwickeln, haben am ehesten eine präexistente Glukosetoleranzstörung, die im erhöhten Afamin im ersten Trimester abgebildet wird. Prodiabetische plazentare Einflüsse führen dann in der Summe zur Insulinpflichtigkeit.