Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 379-395
DOI: 10.1055/s-0037-1600054
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Überexpression von humanem sFlt-1 verändert die Trophoblast-Differenzierung und die Expression von Nährstoff-Transportern in Präeklampsie/IUGR-Mausmodellen

A Gellhaus
1   Universitätsklinikum Essen, Frauenklinik, Essen, Deutschland
,
E Kühnel
1   Universitätsklinikum Essen, Frauenklinik, Essen, Deutschland
,
V Kleff
2   Universität Duisburg-Essen, Molekularbiologie, Essen, Deutschland
,
V Stojanovska
3   Universität Groningen, Gynäkologie, Groningen, Niederlande
,
S Kaiser
2   Universität Duisburg-Essen, Molekularbiologie, Essen, Deutschland
,
R Waldschütz
4   Universität Duisburg-Essen, Zentrales Tierlaboratorium, Essen, Deutschland
,
F Herse
5   Universität Charite, Experimental and Clinical Research Center, Berlin, Deutschland
,
T Plösch
3   Universität Groningen, Gynäkologie, Groningen, Niederlande
,
R Kimmig
1   Universitätsklinikum Essen, Frauenklinik, Essen, Deutschland
,
A Köninger
1   Universitätsklinikum Essen, Frauenklinik, Essen, Deutschland
,
E Winterhager
2   Universität Duisburg-Essen, Molekularbiologie, Essen, Deutschland
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Fragestellung:

Es gibt zahlreiche Hinweise, dass eine gestörte Entwicklung und Funktion der Plazenta z.B. durch eine Präeklampsie zu einer intrauterinen Wachstumsretardierung (IUGR) des Fetus durch einen Mangel an Nährstoffen und Sauerstoff führt und dass dies eine der Hauptursachen für chronische Erkrankungen im späteren Leben ist.

Frühere Studien zeigten, dass eine plazentare Überexpression von humanem anti-angiogenen sFlt-1, der Hauptkandidat in der Progression der Präeklampsie, durch eine lentivirale Transduktion von Maus-Blastozysten zu einer Präeklampsie und IUGR in Mäusen führt. Wir vermuten daher, dass sFlt-1 die plazentare Morphologie und Physiologie beeinflusst, was zur fetalen IUGR führt.

Methoden:

Deshalb wurden in dieser Studie die plazentaren Effekte von humanem sFlt-1 am Embryonaltag 18,5 mit histologischen und morphometrischen Analysen, Untersuchungen der Transkript- und Proteinexpression von wichtigen Nährstofftransportern sowie Methylierungsstudien untersucht.

Ergebnisse:

Die plazentaspezifische sFlt-1 Überexpression führte in diesem Mausmodell zu einem signifikant reduzierten fetalen und plazentaren Gewicht und einer reduzierten plazentaren Gesamtfläche, hervorgerufen durch ein verkleinertes Labyrinth, bestehend aus dem transportierenden Trophoblasten und den fetalen Gefäßen und maternalen Sinusoiden, und einer geringeren Anzahl an Glykogenzell-Cluster in der junktionalen Zone und eine erniedrigte Expression des Wachstumsregulators IGF2. Zudem konnten wir eine verminderte Expression des Glukosetransporters GLUT-1 und Cx26, eine erhöhte Expression des Fettsäuretransporters CD36 sowie des Cholesteroltransporters ABCA1 nachweisen. Veränderungen im IGF2 waren durch kleine Veränderungen in der DNA-Methylierung begleitet, jedoch war die globale DNA-Methylierung unbeeinflusst.

Schlussfolgerungen:

Wir konnten also nachweisen, dass eine plazentare Überexpression von sFlt-1 zu einer veränderten Trophoblast-Differenzierung in der Plazenta führt. Diese Befunde durch eine erhöhte Anti-Angiogenese resultierten in einer reduzierten plazentaren Austauschfläche des Labyrinths und zu verminderten Glykogenspeichern. Dieses kann zu einem veränderten intrauterinen Milieu an Nährstoffen, zu IUGR und fetaler Programmierung führen. Die erhöhte Expression an Fettsäuretransportern verändert möglicherweise den Energiemetabolismus und kann in einer kompensatorischen Reaktion positive Effekte auf die fetale Gehirnentwicklung haben.

Um diese Mechanismen genauer zu erfassen, wird derzeit ein transgenes Mausmodell, ein humaner sFlt-1/rtTA-Hybridstamm generiert, mit dessen Hilfe es möglich ist, humanes sFlt-1 zu einem beliebigen Zeitpunkt der Schwangerschaft systemisch und ubiquitär zu induzieren. Erste Untersuchungen bestätigten ein reduziertes Embryonalgewicht und Plazentagewicht an 18,5 dpc nach Induktion von sFlt-1 am Tag 7,5 dpc. Zudem konnten wir eine reduzierte Expression von Glykogenzell-Markern und auch eine reduzierte Glukosetransporter-Expression detektieren. Untersuchungen an einer größeren Anzahl an Mäusen sind jedoch notwendig, um Analysen der Wirkmechanismen von sFlt-1 auf die Plazenta und den Embryo zu erheben. Lassen sich beim Muttertier Präeklampsie-typische Symptome erkennen, wäre das transgene sFlt-1/rtTA-Mausmodell zudem ein vielversprechendes Werkzeug, um Einblicke in Therapiemöglichkeiten der Präeklampsie zu erhalten.