Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601490
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kleinzelliges Ovarialkarzinom vom Hyperkalzämie-Typ. Eine seltene Entität mit

A Aichner
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden
,
T Link
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden
,
LC Horn
2   Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR
,
P Wimberger
1   Klinik für Gynäkologie und Geburtshilfe, Technische Universität Dresden
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Fragestellung:

Das kleinzellige Ovarialkarzinom vom Hyperkalzämie-Typ ist eine sehr seltene Entität. Betroffen sind vor allem junge Frauen. Die Hyperkalzämie ist nur in ca. 60% der Fälle nachweisbar. Die histopathologische Diagnostik ist aufwendig und erfordert besondere Erfahrungen in der Ovarpathologie. Aufgrund der Seltenheit dieser Tumoren sind auch Daten zur Therapie rar. Ziel dieser Arbeit ist die Demonstration einer sehr seltenen malignen Erkrankung der Ovarien.

Methodik:

Es werden Diagnostik, Therapie und Verlauf der Erkrankung bei einer einer 37-jährigen Patientin mit einem kleinzelligen Ovarialkarzinom vom Hyperkalzämie-Typ vorgestellt.

Ergebnisse:

Die 37-jährige Patientin stellte sich 11/2016 extern mit einem großen intraabdominalem Tumor mit Schmerzen und Subileus-Symptomatik vor. Im CT zeigte sich eine 20 × 15 × 13 cm große Raumforderung. Im Rahmen der Längsschnittlaparotomie stellte sich intraoperativ ein vom linken Ovar ausgehender Tumor dar. Es erfolgte die Tumorexstirpation mit Adnexektomie links.

Unter der Diagnose eines Dysgerminoms FIGO – Stadium III (Lymphknotenmetastase paraaortal) begannen wir die 3-wöchentliche adjuvante Chemotherapie nach dem BEP-Schema (Bleomycin 15 mg/m2 d1+8+15/Etoposid 100 mg/m2 d1 – 5/Cisplatin 20 mg/m2 d1 – 5).

Parallel wurde eine Referenzpathologie veranlasst die zum Befund eines gemischten Keimzell-Keimstrang-Stromatumors (80% Dysgerminom, 20% juveniler Granulosazelltumor) gelangte. Differentialdiagnostisch erörtert wurden ein Granulosazelltumor vom adulten Typ und das kleinzellige Ovarialkarzinom vom Hyperkalzämie-Typ, so dass eine weitere Referenzpathologie durchgeführt wurde. Zusätzliche immunhistochemische Untersuchungen ergaben die Diagnose eines kleinzelligen Ovarialkarzinoms vom Hyperkalzämie-Typ.

An Tag 8 des zweiten Zyklus stellte sich die Patientin in reduziertem Allgemeinzustand mit Makrohämaturie vor. Im Rahmen einer Zystoskopie mit Biopsie bestätigte sich die Infiltration durch das kleinzellige Ovarialkarzinom vom Hyperkalzämie-Typ.

Im Staging-CT zeigte sich eine massive Tumorprogression mit neu aufgetretenen paraaortalen und iliakalen Lymphknotenmetastasen sowie eine 110 × 80 × 80 mm große Raumforderung im kleinen Becken. In unserem Tumorboard wurde die Indikation zur palliativen Chemotherapie mit Carboplatin/Paclitaxel gestellt. Bei rascher Verschlechterung des Allgemeinzustandes mit progredienter Niereninsuffizienz aufgrund einer tumorbedingten Ummauerung der Vasa renalia war eine Chemotherapiefähigkeit nicht mehr gegeben. Die Patientin wurde nach Anbindung an ein ambulantes Palliativteam in die Häuslichkeit entlassen und verstarb 02/2017.

Schlussfolgerung:

Dieser Kasus demonstriert eine seltene Entität unter den gynäkologischen Malignomen. Das kleinzellige Ovarialkarzinom vom Hyperkalzämie-Typ hat eine schlechte Prognose mit oft fulminantem Verlauf. Da dieses seltene Karzinom ein breites differentialdiagnostisches Spektrum aufweist, ist die konsiliarische Mitbeurteilung durch einen in der Gynäkopathologie erfahrenen Pathologen dringend zu empfehlen.