Geburtshilfe Frauenheilkd 2017; 77(04): 406-429
DOI: 10.1055/s-0037-1601518
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Abnorm invasive Plazenta (AIP): Diagnostik und Management

R Vochem
1   Universitätsfrauenklinik Leipzig, Abteilung für Geburtsmedizin
,
J Einenkel
1   Universitätsfrauenklinik Leipzig, Abteilung für Geburtsmedizin
,
H Stepan
1   Universitätsfrauenklinik Leipzig, Abteilung für Geburtsmedizin
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
06 April 2017 (online)

 

Fragestellung:

Aufgrund steigender Sectioraten ist mit einer Zunahme von Patientinnen mit Plazentationsstörungen zu rechnen. Eine abnorm invasive Placenta (AIP) löst sich definitionsgemäß nicht spontan und kann nur mit erhöhtem Blutverlust entfernt werden. Der Begriff AIP beinhaltet die histopathologischen Diagnosen Placenta accreta, increta und percreta. Ziel dieser Studie war es, die Häufigkeit der Diagnose AIP in den vergangenen 11 Jahren an unserem Klinikum zu erfassen und das diagnostische sowie operative Vorgehen zu untersuchen.

Methodik:

Die Studie beinhaltet eine retrospektive Analyse aller Schwangeren, die vom 1.2.2006 bis zum 31.1.2017 am Universitätsklinikum Leipzig behandelt wurden und bei denen präoperativ oder erst intraoperativ die Verdachtsdiagnose einer AIP gestellt wurde. Hierfür wurden die Geburtenbücher der entsprechenden Jahre sowie das SAP-System mithilfe der Stichwörter „Placenta accreta“, „Placenta increta“ und „Placenta percreta“ durchsucht. Anhand der Ausführung zur Placenta im OP-Bericht wurde dann die Richtigkeit der Diagnose überprüft.

Ergebnisse:

Innerhalb der untersuchten 11 Jahre wurde bei 32 Frauen eine AIP festgestellt. Von 2006 – 2009 wurden jährlich ≤2 Patientinnen mit dieser Diagnose betreut, seit 2010 ≥3 Patientinnen. Bei 26 (81,3%) der Patientinnen wurde die Verdachtsdiagnose AIP bereits präoperativ gestellt, von ihnen erhielten präoperativ 21 (80,8%) zusätzlich ein MRT. Bei den 19 Patientinnen, die bis einschließlich 2013 operiert wurden, war eine Rekonstruktion des Uterus bei 5 Patientinnen möglich, bei 14 (73,7%) erfolgte die Hysterektomie. Seit dem Jahr 2014 wurden 13 Patientinnen mit AIP operiert, von denen 2 (14,3%) eine „en-bloc-Hysterektomie“ erhielten. 6 Frauen wurden zweizeitig („hybrid Modell“) behandelt. Bei diesem Verfahren wurde die Placenta belassen. Nach einem Zeitintervall von bis zu 65 Tagen wurde eine Relaparotomie durchgeführt. Bei 4 Patientinnen erfolgte dann die Hysterektomie, bei 2 Patientinnen die Entfernung der Placenta mit Uteruserhalt.

Schlussfolgerung:

Die Anzahl der Patientinnen mit Plazentationsstörungen nimmt deutlich zu. Der häufigste Risikofaktor ist eine vorausgegangene Sectio. War bis vor wenigen Jahren noch die Hysterektomie mit den Risiken eines hohen Blutverlustes sowie Komplikationen wie Blasen- und Ureterläsionen die häufigste Therapie bei AIP, stehen heute mehrere Therapieoptionen zur Verfügung. Ein zweizeitiges Vorgehen mit Belassen der Plazenta, eine Embolisation der Aa uterinae und eine geplante Re-Laparotomie sind Optionen, bei denen sogar ein Erhalt des Uterus möglich ist.