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DOI: 10.1055/s-0037-1607682
Subjektive Erfahrung von Schwangerschaft und Periode nach der Geburt von Müttern in West- und Ost-Berlin von 1950 – 1990 und 1990 – 2010
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
27. Oktober 2017 (online)
Fragestellung:
Mauerfall und Wiedervereinigung ermöglichten den Zugang zu Müttern und Archiven beidseits der innerdeutschen Grenze. Ziel dieser langatmigen Studie war es herauszufinden...
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wie die unterschiedlichen Gesundheitssysteme und politischen Strukturen die subjektive Erfahrung von Müttern vor und nach der Geburt beeinflusst haben,
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ob und wie lange dieser Einfluss bestehen blieb.
Methodik:
1990 wurden 562 Frauen aus 11 Ost-Berliner und 730 Frauen aus 12 West-Berliner Bezirken involviert, die ihr 1. Kind zwischen 1950 und 1990 geboren hatten. Die Fragen bezogen sich auf sozioökonomische Variable sowie subjektive Erfahrungen vor, während und nach der Geburt (Lebensstil, Information, Qualität der Betreuung, Zufriedenheit, Stress oder Angst). Die Daten wurden archiviert. 25 Jahre später, im Jahr 2015 wurden anhand desselben Fragebogens wieder Frauen aus allen Berlin Bezirken anhand desselben Fragebogens befragt, die ihr erstes Kind zwischen 1990 und 2010 geboren hatten. Alle Daten, d.h. 2056 Datensätze wurden anhand von Zeitanalysen, uni- und multivariaten Analysen ausgewertet.
Ergebnisse:
Bis 1990 waren 43,8% der Ost-Berliner Gynäkologen weiblich, im Westen waren es nur 19,7%. Die Anzahl pränataler Kontrollen stieg von 1950 – 90, war aber zwischen Ost und West nicht signifikant verschieden. Das Alter der Mütter bei Geburt stieg in diesem Intervall, allerdings waren ostdeutsche Mütter signifikant jünger (p < 0,0001). Dies änderte sich schlagartig nach der Wiedervereinigung. Während der Schwangerschaft fühlten sich im Osten 60,5%, im Westen nur 50,8% durch die pränatale Betreuung gut unterstützt. Im Westen waren nur 78% der Mütter „Nichtraucher“ in der Schwangerschaft, im Osten waren es 87,4%. Die eigene Motivation war in 73,2% der Frauen im Westen der Motor für Kontrollen, im Osten waren es vorwiegend staatliche Vorschriften (70,4%). Diese Unterschiede waren nach der Wiedervereinigung immer weniger erkennbar. Post partum fanden deutlich mehr Kindskontrollen im Osten statt (58% versus 38% > 10). Im ersten Jahr waren Verwandte und die Sozialfürsorge hilfreicher im Osten als im Westen (47% versus 41%, p = 0,04, bzw. 12% versus 7%, p = 0,009). Bei der Multivariat-Analyse hatten Mütter im Osten ein positiveres Erlebnis im 1. Jahr (p < 0,0001) als im Westen; umgekehrt war eine „stressvolle“ Erfahrung signifikant häufiger im Westen. Unabhängig vom System trugen kranke Kinder, eine Frühgeburt, ein schlechter Kinderarzt und zu kurzes Stillen zu einer negativen Erfahrung des ersten Jahres bei. Nach der Wiedervereinigung reduzierten sich die West-Ost Unterschiede schrittweise.
Schlussfolgerung:
Auch aus OECD-Analysen ist bekannt, dass die Qualität der Versorgung nicht vom absoluten Budget eines Gesundheitsfonds, sondern eher von einem verantwortlichen Ressource-Management abhängen. Dies trifft vor allem auf Mütter und Kinder zu und muss neu diskutiert werden.