Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607798
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Infektionen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Auswirkung der zunehmenden CMV-Serodiagnostik in der Schwangerschaft

V Seidel
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Germany
,
C Eismann
2   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Germany
,
W Henrich
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Germany
,
JP Siedentopf
1   Charité – Universitätsmedizin Berlin, Klinik für Geburtsmedizin, Berlin, Germany
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Die 2014 publizierte S2k-Leitlinie „Labordiagnostik von Viruserkrankungen in der Schwangerschaft“ bietet die Rahmenbedingungen für die Diagnostik des CMV-Status einer Schwangeren. Mit Akzeptanz und Umsetzung der Leitlinie kommt es zu einer deutlichen Zunahme der Fälle unklarer Serologiebefunde, vermuteter für die Schwangerschaft relevanter Infektionen, sowie dem Erkennen tatsächlicher fetaler Gefährdungen. Weder die o.g. Leitlinie noch andere Quellen empfehlen eine standardisierte Therapie bei Serokonversion in der Schwangerschaft bzw. fetaler Infektion. Diese unbefriedigende Behandlungssituation führt zu einer massiven Häufung von Zuweisungen in die „Ambulanz für Suchterkrankungen und Infektionserkrankungen in der Schwangerschaft“ an der Charité – Universitätsmedizin Berlin.

Um diesen Trend einschätzen zu können, wurden die Fallzahlentwicklung, sowie die diagnostische und therapeutische Verfahrensweise analysiert.

Methodik:

Zur Entwicklung der Fälle wurden sämtliche Konsultationen wegen V.a. CMV-Infektion in der Schwangerschaft von 1/2007 bis 6/2017 ausgewertet. Zusätzlich erfolgte eine detaillierte Betrachtung der 23 im ersten Halbjahr 2016 mit Verdacht auf eine CMV-Infektion beratenen Schwangeren.

Ergebnisse:

Die Ambulanz verzeichnete den stärksten Patientinnenzuwachs beginnend mit dem Jahr 2015. Neben den Beratungen in der Ambulanz gewinnt die Beratung per E-Mail bzw. Fax eine zunehmende Bedeutung, ohne dass eine Vergütung geregelt ist.

Die meisten Patientinnen (66%) der detailliert analysierten Kohorte hatten bereits ein Kind und waren somit einem erhöhten CMV-Infektionsrisiko ausgesetzt. Lediglich bei diesen Schwangeren wäre bei strenger Auslegung der Leitlinie nach Erhalt des positiven IgG-Screenings die weitere Serodiagnostik mit IgM-Kontrolle erforderlich gewesen. 83% der Patientinnen unterzogen sich einem IGeL-CMV-Screening. 11 von 13 CMV-Patientinnen wünschten explizit auch nach Aufklärung über die unsichere Datenlage eine Hyperimmunglobulin-Transmissionsprophylaxe, obwohl die Kostenübernahme von der gesetzlichen Krankenkasse in 39% der Fälle abgelehnt wurde.

Schlussfolgerung:

Die Diskrepanz zwischen dem in der Leitlinie empfohlenem Screening und fehlender Kostenübernahme (IGeL) einerseits und fehlender allgemeiner Kostenübernahme der vorhandenen Therapieoptionen im Erkrankungsfall führt zu einer großen Verunsicherung der Schwangeren, sowie der die Schwangerschaft betreuenden Frauenärztinnen oder -ärzte. Die Kompensation dieser unbefriedigenden Situation durch das Angebot einer spezialisierten Hochschulambulanz ist mit immensem Personalaufwand ohne adäquate Kostenerstattung verbunden.