Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607858
Poster
Mütterliche Erkrankungen (Präeklampsie, Diabetes mellitus etc)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Mutationsanalyse erbringt den Nachweis von Monogenetischen Knochenerkrankungen bei Frauen mit suspekter Schwangerschafts-assoziierter Osteoporose (SSAO)

S Butscheidt
1   Institut für Osteologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
A Delsman
1   Institut für Osteologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
T Rolvien
1   Institut für Osteologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
S Mundlos
2   Institut für medizinische Genetik und Humangenetik, Charité Universitätsmedizin Berlin, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Deutschland
3   Berlin-Brandenburg Zentrum für Regenerative Therapien, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
4   Max Planck Institut für Molekulargenetik, Berlin, Deutschland
,
U Kornak
2   Institut für medizinische Genetik und Humangenetik, Charité Universitätsmedizin Berlin, Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin, Deutschland
3   Berlin-Brandenburg Zentrum für Regenerative Therapien, Charité-Universitätsmedizin Berlin, Berlin, Deutschland
4   Max Planck Institut für Molekulargenetik, Berlin, Deutschland
,
M Amling
1   Institut für Osteologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
,
R Oheim
1   Institut für Osteologie und Biomechanik, Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Bei der Schwangerschafts-assoziierten Osteoporose (SSAO) handelt es sich um eine seltene Skeletterkrankung junger Mütter, die überwiegend im dritten Trimenon oder in den ersten sechs Monaten postpartum auftritt und mit Rücken- sowie Hüftschmerzen einhergeht. Zwar ist der genaue Pathomechanismus bislang nicht abschließend geklärt, jedoch wird eine gestörte Calciumhomöostase aufgrund des steigenden Calciumbedarfs der Feten diskutiert. Vereinzelte Kasuistiken berichteten zuletzt von monogenetischen Knochenerkrankungen (z.B. Osteogenesis imperfecta), die mit einer vorbestehenden Reduktion der Knochenmasse einhergehen und sich erstmals im Rahmen der Schwangerschaft klinisch manifestieren. Die vorliegende Arbeit untersucht die skelettalen Veränderungen der SSAO sowie die Bedeutung monogenetischer Knochenerkrankungen für differentialdiagnostische Überlegungen. Diese Studie stellt weltweit die erste humangenetische Untersuchung von sieben konsekutiven Fällen mit initialem Verdacht auf SSAO dar. Methodik: Sieben Frauen wurden einem eingehenden skelettalen Assessment mittels laborchemischer Untersuchung des Calcium- und Knochenstoffwechsels, Knochendichtemessung (dual-energy X-ray absorptiometry; DXA), Knochenstrukturanalyse (high-resolution peripheral quantitative computed tomography; HR-pQCT) sowie einer umfassenden genetischen Untersuchung unterzogen. Ergebnis: Die DXA Untersuchungen zeigten eine deutliche Reduktion der mütterlichen Knochenmasse (T-score LWS: -3,2 ± 1,0; LF: -2,2 ± 0,5; RF: -1,9 ± 0,5) sowie eine hierzu passende Abnahme der trabekulären und kortikalen Dicke, während die Trabekelzahl sich nahezu normwertig darstellte. Die Nachuntersuchungen zeigten eine signifikante Verbesserung der knöchernen Struktur innerhalb der folgenden zwei Jahre nach der Geburt. Die genetische Untersuchung erbrachte den Nachweis von neuen Mutationen der Gene LRP5, COL1A1 und COL1A2 in drei Fällen.

Schlussfolgerung:

In Zusammenschau mit den detektierten Mutationen konnte die korrekte Diagnose einer monogenetischen Knochenerkrankung mit einhergehender Early-onset Osteoporose (EOOP) in drei von sieben Fällen gestellt werden. Es handelte sich jeweils um die Erstmanifestation im Rahmen der Schwangerschaft. Aufgrund der vorliegenden Daten könnten sie eine bedeutende Differentialdiagnose zu der SSAO darstellen. Des Weiteren weist die Skelettanalyse auf die Bedeutung der Calciumhomöostase für die Pathophysiologie hin. Die Verlaufsuntersuchungen konnten die erfolgreiche Anwendung eines individuellen Therapiekonzeptes zeigen, welches zunächst die Optimierung der Calciumhomöostase vorsieht (Calcium- und Vitamin D-Supplementation, Abstillen) und ggf. durch antiresorptive (Denosumab) oder osteoanabole (Teriparatid) Interventionen erweitert werden kann. Diese Erkenntnisse sollten in den klinischen Umgang mit der SSAO einfließen und so eine frühzeitige Diagnose sowie eine wirkungsvolle Therapie ermöglichen.

* Geteilte Erstautorenschaft