Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607868
Poster
Pränatale Diagnostik (Beratung, Screening, Ultraschall)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kaiserschnittentbindung in Schwangerschaften mit infauster Prognose: ein ethisches Dilemma?

I Kyvernitakis
1   Bürgerhospital Frankfurt, Frauenklinik, Frankfurt am Main, Germany
,
B Arabin
2   Philipps Universität Marburg, Klinik für Geburtshilfe und Perinatalmedizin, Marburg, Germany
› Author Affiliations
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Publication Date:
27 October 2017 (online)

 

Fragestellung:

Der Entbindungsmodus bei Schwangerschaften mit infauster Prognose stellt eine besondere Situation für werdende Eltern und behandelte Ärzte dar. Auch ist eine Entscheidung zur vaginalen Entbindung rational vernünftiger und für die Mutter mit weiterem Kinderwunsch medizinisch zu bevorzugen, wird oft noch eine Sektio durchgeführt, um dem Kind eine „sogenannte „Restchance“ zu geben.

Methodik:

Wir berichten über zwei Fälle mit kombinierter body stalk Anomalie und OEIS-Komplex. Trotz eindeutig infauster Prognose wurde jeweils eine primäre Sektio durchgeführt.

Ergebnis:

Kasuistik 1: Bei einer 39-jährigen Erstgravida nach ICSI wurde in der 12. SSW sonographisch ein komplexes fetales Fehlbildungssyndrom mit Omphalozele, Meningomyelozele und V.a. Blasenextrophie festgestellt. Die Nabelschnur war extrem verkürzt im Sinne einer body stalk-Anomalie. Die Chromosomenanalyse war unauffällig (46xx). Die Eltern konnten sich aufgrund ihres Kinderwunsches nicht zum Abbruch entschließen. Obwohl sie über die infauste Prognose aufgeklärt wurden, wünschten sie ein aktives Vorgehen. Durch einen vorzeitigen Blasensprung in der 35. SSW kam es zu einem Verdacht auf Amnioninfektionssyndrom. Daher wurde eine Sektio indiziert. Das Kind verstarb eine Stunde postpartal trotz aktiver Reanimationsmaßnahmen.

Kasuistik 2: Bei einer 24-jährigen G3 P0 zeigte eine Ultraschalluntersuchung im Rahmen des 1. Screenings bereits eine ausgeprägte Omphalocele, Adhäsionen zwischen Leber und Plazenta, Verdacht auf Amelie einer unteren Extremität, singuläre Nabelschnurarterie, Kyphoskoliose passend zu einem OEIS Komplex mit überlappender body stalk Anomalie. Der Chromosomensatz war 46XX. Nach eingehender interdisziplinärer Aufklärung wünschte das Ehepaar aus religiösen Gründen die Fortführung der Schwangerschaft und ein aktives Vorgehen. In der 38. SSW wurde eine Sektio durchgeführt und sogar eine EXIT-Prozedur durchgeführt. Trotzdem verstarb das Kind am 1. postpartalen Tag.

Diskussion:

Es bedarf oft mehr Mühe, Eltern eine rational vernünftige Entscheidung zur vaginalen Entbindung aufgrund einer infausten Prognose nahezulegen, als eine Indikation zum Kaiserschnitt zu stellen. Die Aussichtslosigkeit wird eher verschleiert, wenn die Pränataldiagnostik nicht in geburtsmedizinische Prozesse eingegliedert wird. Auch wenn Eltern sich nicht zu einem Abbruch entscheiden können, bleibt die Option eines „nicht aggressiven Managments“ (2).

Literatur:

[1] Suresh R. S. Mandrekar, Sangeeta Amoncar, Siddhartha Banaulikar, Vishal Sawant, R. G. W. Pinto. Omphalocele, exstrophy of cloaca, imperforate anus and spinal defect (OEIS Complex) with overlapping features of body stalk anomaly (limb body wall complex) Indian J Hum Genet. 2014

[2] Chervenak FA, McCullough LB. Ethical dimensions of non-aggressive fetal management. Seminars in Fetal & Neonatal Medicine (2008)