Z Geburtshilfe Neonatol 2017; 221(S 01): E1-E113
DOI: 10.1055/s-0037-1607904
Poster
Pränatale Diagnostik (Beratung, Screening, Ultraschall)
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pränataler Verdacht auf ein Goldenhar-Syndrom – wichtige Informationen zur postnatalen Sicherung des Atemweges

K Schneider
1   GFO Kliniken Bonn, Abteilung für Neonatologie, Bonn, Germany
,
D Vlajnic
2   GFO Kliniken Bonn, Abteilung für Pädiatrie und interdiziplinäre Intensivmedizin, Bonn, Germany
,
S Kirkmen
3   Pränatalmedizin und Genetik Meckenheim/Bonn/Neuwied, Bonn, Germany
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
27. Oktober 2017 (online)

 

Einleitung:

Das Goldenhar Syndrom (okulo-aurikulo vertbrale Dysplasie) ist ein seltenes angeborenes Fehlbildungssyndrom, das vielfältige Ausbrägungen aufzeigen kann. Pathogmonomisch ist eine unilaterale Wachstumsstörung des Gesichtes mit auf der betroffenen Seite fehlgebildetem Auge, Ohr und Unterkiefer. Zusätzlich können noch Veränderungen der Wirbelkörper sowie Herzfehler vorkommen. Therapeutisch stehen kieferorthopädische Behandlungen zum Aufbau der hypoplastischen Mandibulahälfte im Vordergrund.

Fallbeschreibung:

Wir berichten über ein Kind, bei dem bereits pränatal bei Gesichtsasymmetrie der Verdacht auf ein Goldenhar Syndrom gestellt wurde. Auffällig waren zudem ein maternales Polyhydramnion und fehlendes Schlucken des Feten. Nach unkompliziertem Spontanpartus eines 3500 g schweren Jungen nach 40+0 SSW zeigte dieser direkt postnatal eine respiratorische Anpassungsstörung aufgrund einer ausgeprägten Gesichtsdysmorphie. Mithilfe eines Güdeltubus und eines Rachen-CPAP konnte der Atemweg offengehalten und die Atmung suffizient unterstützt werden. Im weiteren Verlauf dann gute respiratorische Adaptation und zufriedenstellende Trinkleistung bei klinisch hochgradigem Verdacht auf ein Goldenhar Syndrom.

Im Alter von 10 Wochen wurde aufgrund einer progredienten respiratorischen Insuffizienz mit CO2-Retention im Rahmen eines Infektes der oberen Atemwege und insuffizienter Trinkleistung eine erneute stationäre Aufnahme notwendig. Bei ausbleibender Besserung nach Ausheilung des Infektes wurde die Indikation zu einer kieferorthopädischen Extensionsbehandhandlung des Unterkiefers gestellt. Die Intubation für diesen Eingriff war aufgrund eines nach dorsal verlagerten Zungengrundes nur fiberoptisch möglich. Im postoperativen Verlauf kam es im Rahmen von Unruhephasen mit Tubusverlegung zu zweimaligen reanimationsbedürftigen Ereignissen, aufgrund dessen eine elektive Tracheotomie zur Sicherung des Atemweges durchgeführt wurde. Hierunter problemloses Entwöhnen vom Respirator und Entlassung des Kindes mit Tracheostoma und feuchter Nase nach Hause.

Diskussion:

Dieses Fallbeispiel zeigt, dass bei jeder Fehlbildung, die mit einer Verlagerung des Zungengrundes einhergeht von einem schwierigen Zugang zu den Atemwegen ausgegangen werden muss. Es sollten daher im Vorfeld sämtliche Vorkehrungen sowohl apperativ als auch personell getroffen werden, um zum einen postnatal aber auch bei geplanten operative Eingriffen die Atemwege zu sichern.