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DOI: 10.1055/s-0037-1607922
Personalbefragung zur geburtsmedizinischen Versorgung von Frauen mit Migrationshintergrund in Berlin – erste Ergebnisse einer qualitativen Studie
Publication History
Publication Date:
27 October 2017 (online)
Fragestellung:
26% der Einwohner/-innen Berlins haben einen Migrationshintergrund (MH). Angesichts der aktuellen Migrationstrends ist davon auszugehen, dass die sprachliche und kulturelle Vielfalt auch in der Patentinnenversorgung in den Geburtskliniken Berlins und anderer deutscher Großstädte weiter zunehmen wird. Studien haben gezeigt, dass medizinisches Personal in Rettungsstellen sich bei eingeschränkter sprachlicher Kommunikation mit PatientInnen mit MH belastet fühlt und Einschränkungen in der Qualität der Versorgung befürchtet. Aktuelle Studien zur geburtsmedizinischen Versorgung von Frauen mit MH liegen nicht vor.
Primär sollen zwei Forschungsfragen beantwortet werden:
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Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten bestehen bei der peripartalen Betreuung von Frauen mit und ohne MH?
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Welche Herausforderung stellt die kulturelle Vielfalt der Patientinnen für das medizinische Personal dar?
Methodik:
Die Datenerhebung erfolgte in vier Berliner Geburtskliniken (zwei im ehem. Ost-, zwei im ehem. Westteil). Dazu werden pro Einrichtung je 5 Hebammen und 5 geburtshilflich tätige ÄrztInnen in ca. 25-minütigen strukturierten Interviews befragt. Die Interviews konzentrieren sich auf die Kommunikation mit Patientinnen mit MH, wahrgenommene Unterschiede in den Erwartungen von Patientinnen mit und ohne MH Versorgung, soziokulturelle Aspekte und Perspektiven. Ein weiterer Fokus liegt auf der Anpassung der Kliniken und der Vorbereitung des Personals auf Anforderungen an die Geburtshilfe in der Einwanderungsgesellschaft.
Die anonymisierten Interviewtranskripte wurden mit der Software MaxQDa kodiert und anhand der qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring ausgewertet.
Ergebnisse:
Es wurden bisher 30 Interviews durchgeführt und mehr als 20 Stunden Audiomaterial analysiert. Als besonders belastend wird eine fehlende sprachliche Kommunikation bei nicht deutschsprachigen Migrantinnen unter der Geburt erlebt. Das Personal fühlt sich hierbei häufig „hilflos“. Dass Frauen mit MH jedoch teilweise dankbarer für die Betreuung während der Geburt sind, wird als positiv erlebt.
Weitere positive Aspekte der Versorgung von Frauen mit MH sind der, allerdings von einigen Befragten durchaus ambivalent erlebte, vergleichsweise größere familiäre Rückhalt und die postpartale Betreuung durch erfahrene, ältere, weibliche Familienangehörige. Viele Befragte wünschen sich eine verbesserte Sprachmittlersituation, sowie einheitliche Aufklärungsmaterialien für die Patientinnen in den relevanten Sprachen.
Schlussfolgerung:
Diese qualitativ-explorative Studie zeigt, dass v.a. die Betreuung von Migrantinnen ohne Deutschkenntnisse zwar weiterhin Herausforderungen birgt, aber auch große Ressourcen auf Seiten der Migrantinnen beobachtet werden, die gestärkt werden sollten.