Phlebologie 2003; 32(02): 29-35
DOI: 10.1055/s-0037-1621529
Original Atikel
Schattauer GmbH

Die Antistase, ein vernachlässigtes Therapieprinzip bei der tiefen Beinvenenthrombose[*]

Antistasis, a neglected therapeutic principle in leg vein thrombosisL’action antistase, un principe thérapeutique négligé dans la thrombose veineuse profonde du membre inférieur
H. Partsch
1   Wilhelminenspital, Wien, Österreich
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30 December 2017 (online)

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Zusammenfassung

Antikoagulation ist die Basis der konservativen Behandlung der tiefen Venenthrombose (TVT). Die phlebographischen Ergebnisse mit konventionellen intravenösen Infusionen von unfraktioniertem Heparin, die Bettruhe erforderten, waren nicht sehr zufriedenstellend, konnten aber durch die Einführung von niedermolekularen Heparinen (NMH) verbessert werden. NMH werden subkutan verabreicht. Die Bettruhe kann entfallen, sogar eine Heimtherapie wird möglich. Die besseren Ergebnisse sind wohl auch durch die frühe Mobiliserung der Patienten entsprechend den Prinzipien der Antistase zu erklären. Eine ambulatorische Behandlung der proximalen TVT mit NMH und Kompression führt nicht zu einem erhöhten Risiko von klinisch relevanten Lungenembolien. Gehübungen mit guter Kompression (Verbände oder Kompressionsstrümpfe) bewirken eine raschere und effektivere Reduktion von Schmerzen und Schwellung als Bettruhe.

Wenn ein TVT-Patient kommt, liegen sehr häufig szintigraphisch nachweisbare Lungenembolien vor, die meistens klinisch stumm sind. Unter therapeutischer NMHDosierung, fester Kompression und Gehübungen sind neue Pulmonalembolien selten. Die Inzidenz einer tödlichen Pulmonalembolie betrug 3 von 1289 bei so behandelten, konsekutiven Patienten. Zusätzliche antistatische Maßnahmen zur Antikoagulation ergeben bessere Resultate als alleinige Antikoagulation, ohne dabei die Gefahr einer gefährlichen Lungenembolie zu erhöhen. Deshalb sollten mobile TVT-Patienten exakt antikoaguliert werden (in der Initialphase bevorzugt beginnend mit NMH) und mit guter Beinkompression angehalten werden, möglichst viel zu gehen, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder im Krankenhaus behandelt werden.

Summary

Anticoagulation is the basis of conservative therapy of deep vein thrombosis (DVT). The phlebographic results with conventional intravenous infusions of unfractionated heparin necessitating bed-rest were not very satisfying. However, they were improved by the introduction of low-molecular-weight heparins (LMWH). These preparations are administered subcutaneously. Thus, bed rest can be avoided and even home-therapy becomes feasible. The superior results may be explained to some part by early mobilization of the patients according to the principle of antistasis. Ambulatory therapy of proximal DVT using LMWH and compression does not cause an increased risk of clinically relevant pulmonary embolism (PE). Walking exercises with good leg compression (bandages or stockings) lead to a faster and more effective reduction of pain and swelling than bed rest.

When a patient comes in with DVT, pulmonary emboli detectable by scintigraphy are frequently present, most of them remain clinically silent. With therapeutic doses of LMWH, firm compression and walking exercises the event of new pulmonary embolism is rare. The incidence of fatal PE was 3 from 1289 consecutive patients treated in this way. Antistatic measures in addition to anticoagulation yields better results as compared to anticoagulation alone without increasing the danger of threatening pulmonary embolism. Therefore, mobile patients with DVT should receive exact anticoagulation (preferably starting with LMWH) and good leg compression. Furthermore, they should be advised to walk around as much as possible, regardless if treatment is accomplished at home or in the hospital. * Festvortrag auf der 44. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie am 26. Oktober 2002 im Mannheim anlässlich der Verleihung der Ratschow-Gedächtnis- Medaille an Prof. Dr. med. Partsch durch das Curatorium Angiologiae Internationalis.

Résumé

Antikoagulation ist die Basis der konservativen Behandlung der tiefen Venenthrombose (TVT). Die phlebographischen Ergebnisse mit konventionellen intravenösen Infusionen von unfraktioniertem Heparin, die Bettruhe erforderten, waren nicht sehr zufriedenstellend, konnten aber durch die Einführung von niedermolekularen Heparinen (NMH) verbessert werden. NMH werden subkutan verabreicht. Die Bettruhe kann entfallen, sogar eine Heimtherapie wird möglich. Die besseren Ergebnisse sind wohl auch durch die frühe Mobiliserung der Patienten entsprechend den Prinzipien der Antistase zu erklären. Eine ambulatorische Behandlung der proximalen TVT mit NMH und Kompression führt nicht zu einem erhöhten Risiko von klinisch relevanten Lungenembolien. Gehübungen mit guter Kompression (Verbände oder Kompressionsstrümpfe) bewirken eine raschere und effektivere Reduktion von Schmerzen und Schwellung als Bettruhe.

Wenn ein TVT-Patient kommt, liegen sehr häufig szintigraphisch nachweisbare Lungenembolien vor, die meistens klinisch stumm sind. Unter therapeutischer NMHDosierung, fester Kompression und Gehübungen sind neue Pulmonalembolien selten. Die Inzidenz einer tödlichen Pulmonalembolie betrug 3 von 1289 bei so behandelten, konsekutiven Patienten. Zusätzliche antistatische Maßnahmen zur Antikoagulation ergeben bessere Resultate als alleinige Antikoagulation, ohne dabei die Gefahr einer gefährlichen Lungenembolie zu erhöhen. Deshalb sollten mobile TVT-Patienten exakt antikoaguliert werden (in der Initialphase bevorzugt beginnend mit NMH) und mit guter Beinkompression angehalten werden, möglichst viel zu gehen, unabhängig davon, ob sie zu Hause oder im Krankenhaus behandelt werden.

* Festvortrag auf der 44. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie am 26. Oktober 2002 im Mannheim anlässlich der Verleihung der Ratschow-Gedächtnis-Medaille an Prof. Dr. med. Partsch durch das Curatorium Angiologiae Internationalis.